Die SKI stellt vor: Ibrahim Halil Sahin

 „Meine Motivation ist einfach: Ich mag Menschen“, so selbstverständlich begründet Ibrahim Halil Sahin sein tatkräftiges Engagement für zahlreiche Konstanzer Vereine. Der 39-Jährige kam aus der Türkei nach Deutschland und lebt nun seit knapp zweieinhalb Jahren in Konstanz. Nach einem erfolgreichen Studium an der Marmara Universität in Istanbul arbeitete er zehn Jahre in der türkischen Filmindustrie als Regie-Assistent. Hier in Konstanz sieht sein Alltag nun anders aus. Aktuell steht für ihn ab September der Arbeits- und Ausbildungsbeginn in einer lokalen Bäckerei an. Sein Wunsch ist es aber, nachdem er bereits ein Praktikum in der Kinderbetreuung absolviert hat, eine Ausbildung zum Erzieher zu machen.In seiner Freizeit unterstützt Ibrahim regelmäßig lokale Gruppen wie den Treffpunkt Petershausen e.V., das Café Mondial e.V. und Miteinander in Konstanz e.V. Seit Kurzem ist er nun auch Teil des „Konstanz Intercultural Art Collective“ (kurz: „KIAC“), einem KünstlerInnenkollektiv, das sich zum Ziel gesetzt hat, Integration in Form von Kunst in Konstanz zu fördern. Hier hat Ibrahim einen Raum gefunden, in dem er sein künstlerisches Schaffen mit seinem Engagement im Bereich Integration verbinden kann.Die Vereine setzen sich für ein friedliches Miteinander in Konstanz ein und organisieren verschiedene Projekte, wie z.B. die interkulturellen Begegnungstreffen von Miteinander e.V.., die Ibrahim Sahin jeden Dienstag unterstützt. Auch seine Qualifikationen im Bereich Film kommen im Rahmen seines ehrenamtlichen Engagements immer wieder zum Einsatz. So wurde er im Rahmen der Interkulturellen Woche Konstanz 2023 vom Treffpunkt Petershausen eingeladen, den Film „Pota“ vorzustellen, bei dem er selbst als Regieassistent mitgewirkt hatte. Weiter erstellte er für den Treffpunkt Petershausen und das Café Mondial bereits Filme, in denen er diese portraitierte und welche dann bei der Veranstaltung „Stimmen der Vielfalt“ im Mai 2024 vorgestellt wurden.Das ehrenamtliche Engagement bringe dabei viele Vorteile für ihn, berichtet Ibrahim Sahin. Der Kontakt zu anderen und die Arbeit in den Vereinen ermöglichten ihm bisher den Zugang zur deutschen Sprache, während er zwei Jahre lang auf einen Platz in einem offiziellen Sprachkurs wartete. So konnte er die deutsche Sprache bereits selbstständig erlernen und beim Antritt der langersehnten Kursplätze mittlerweile nicht nur den B1, sondern auch den Integrationskurs ablegen. Dies sei laut Ibrahim nicht zuletzt auf die großartige Unterstützung der Vereinsmitglieder zurückzuführen.

Seine Erfahrungen und sein Wissen, welche er mit der Zeit angesammelt hat, teilt er gerne mit anderen, die noch Schwierigkeiten haben, zurechtzukommen. Durch seine persönlichen Erlebnisse und Erfolge kann er viele Probleme von Menschen mit Fluchterfahrungen nachvollziehen. Daher brachte er bereits viele seiner Bekannten beispielsweise zum Café Mondial. Einige von ihnen beteiligen sich heute, genau wie er, aus eigener Überzeugung an der Arbeit in den Vereinen und Initiativen. Weil er selbst gute Kontakte durch seine aktive Mitarbeit knüpfen konnte, ist es ihm wichtig, vor allem andere Geflüchtete zu diesem Weg zu ermutigen: „Ich sehe Ihre Schwierigkeiten und möchte unbedingt helfen“. Dies macht ihn zu einem wertvollen Ansprechpartner für Ratsuchende. So sagte auch Doris Künzel, Vorständin des Café Mondial, einmal zu ihm: „Du arbeitest genauso hart für die Integration wie wir“. So lernte er im vergangenen Jahr eine junge Frau kennen, die trotz ihrer guten Deutschkenntnisse nur wenig soziale Kontakte hatte. Er motivierte sie zu einem Freiwilligen Sozialen Jahr, welches sie dann zu seiner Freude auch tatsächlich antrat. Auch für seinen früheren Mitbewohner hatte er den richtigen Tipp parat. Bei dessen Arbeitssuche konnte Ibrahim hilfreiche Kontakte, welche er von einer Tätigkeit im Krankenhaus mitgenommen hatte, nutzen und ihn direkt an jenes Krankenhaus weiterleiten. Dabei kann er mittlerweile auf viel praktisches Wissen über den Arbeitsmarkt und auf Erfahrungen mit komplexen, bürokratischen Prozessen in Deutschland zurückgreifen. Aber auch die zwischenmenschlichen Erfahrungen haben ihn sehr stark geprägt. Er nimmt wahr, dass das Vertrauen und der Respekt, welche ihm von zahlreicher Engagierten und seinen Mitmenschen entgegengebracht wurden, auch ihn dazu ermutigen, Vertrauen in andere zu schöpfen: „Sie helfen mir, ich kann Ihnen genauso helfen und dadurch fühle ich mich wertgeschätzt. Dann denke ich mir ‚Ich kann was‘.“Das Leben in Konstanz gefällt ihm dabei gut: Neben den Menschen und zwischenmenschlichen Erfahrungen, könne Konstanz mit seiner schönen Natur in und um die Stadt punkten.  Die vielen Möglichkeiten, sich in der Natur am See zu beschäftigen und z.B. schwimmen zu gehen oder Fahrrad zu fahren, genießt er sehr. Allerdings sagt er, dass er Konstanz erst verstehen könne, wenn er seine Sprachkenntnisse weiter verbessern und so zum Beispiel auch das Kino oder städtische Theater besuchen könne.Ein weiteres Ziel, so Ibrahim, setzt er sich mit seinem Traum, einmal einen Film über Konstanz zu drehen. Dabei würde er z.B. die Kultur des Zusammenlebens in den Unterkünften für Geflüchtete hervorheben und eine Geschichte über Fremde beschreiben wollen, die dort zusammenwachsen und gemeinsam vor Ort und in ihrem Leben weiterkommen möchten. So biete ihm seine Filmkunst neben dem Ehrenamt einen Weg, etwas an die Gesellschaft vor Ort zurückzugeben.Trotz seiner weitreichenden beruflichen sowie persönlichen Ziele und seiner festen Einbindung in unsere Stadtgemeinschaft, steht für ihn noch die Hürde einer Aufenthaltserlaubnis in Deutschland im Weg. Diese würde ihm viele Unsicherheiten nehmen und gleichzeitig bisher entfernte Ziele, wie das Verbessern seiner Sprache und die damit verbundene Ausbildung zum Erzieher, greifbarer machen.

Zum Schluss unseres Gesprächs gibt Ibrahim Sahin uns noch das Gedicht von Nazim Hikmet Ran mit: Yaşamak bir ağaç gibitek ve hür ve bir orman gibi   kardeşçesine,bu hasret bizim.
Zu Deutsch:
Leben einzeln und freiwie ein Baum und dabeibrüderlich wie ein Wald,diese Sehnsucht ist unser.