Strategische Wärmenetzplanung
Stadtwerke prüfen Potentiale
In Konstanz sollen in den kommenden Jahren große Wärmenetze entstehen. Aktuell werden die Potentiale untersucht, mit Ergebnissen ist im Frühjahr 2023 zu rechnen. Auch Projekte zur Erzeugung grüner Wärme werden geprüft.
Konstanz arbeitet intensiv daran, die Energie- und Wärmeversorgung nachhaltig zu gestalten. Und auch der Weg dorthin ist klar umrissen: Im Klimaschutzgesetz Baden-Württembergs ist festgehalten, dass Kommunen einen kommunalen Wärmeplan erstellen müssen. Das bedeutet, dass zunächst die Wärmebedarfe geprüft und eine Potentialanalyse für erneuerbare Energien und Abwärme durchgeführt werden. Auch muss ein Klimaschutzszenario aufgestellt werden. All diese Punkte sind bereits erfüllt. Nun geht es darum, eine kommunale Wärmewendestrategie zu entwickeln. Wärmenetze sind dabei ein wichtiger Faktor, mit ihnen soll die Wärmeversorgung nachhaltig gestaltet werden. Grüne Wärme, etwa aus der Nutzung des Bodensees, könnte dabei eine zentrale Option sein. Die Stadtwerke Konstanz sind hierbei ein wichtiger Akteur. Ihre Expertinnen und Experten prüfen gerade, welche Möglichkeiten sich für Konstanz auftun.
Wärmepumpen und Umweltenergie am effizientesten
Doch wie sollen Gebäude grundsätzlich mit Wärme versorgt werden? Hier sind nach heutigem Stand Wärmepumpen und Umweltenergiequellen – also beispielsweise Energie aus Luft, Bodenseewasser oder Erdwärme – am effizientesten im Vergleich zu Wasserstoff oder Methanol. Daher ist auch die grundsätzliche Entscheidung zugunsten von Wärmenetzen und gegen Wasserstoff- bzw. Methanolnetze gefallen.
Bevor aber überhaupt ein erster Spatenstich erfolgen kann, sind exakte Prüfungen und Planungen notwendig. Zunächst geht es darum, eine Bestandsanalyse durchzuführen und darauf basierend zu untersuchen, welches Potential vorhanden ist. Dazu wurde das Stadtgebiet in verschiedene Zonen aufgeteilt, wobei Kriterien wie beispielsweise vorhandene Hauptstraßen oder eine ähnliche Siedlungsstruktur herangezogen werden. Auf diese Weise werden Gebiete identifiziert, die sich für Wärmenetze aufgrund verschiedener Faktoren besonders gut eignen. Auch hier muss wiederum eine Priorisierung erfolgen.
Bewertung nach verschiedenen Kriterien
Bei der Bewertung spielen mehrere Faktoren eine Rolle: Wie ist die geografische Lage – sprich: Sind in der Nähe Möglichkeiten zur Wärmeerzeugung vorhanden? Das könnten zum Beispiel Abwasserwärme aus der Kläranlage sein, Bodenseewasser, Solarthermie, Biomasse, industrielle Abwärme und so weiter. Wichtig ist dabei, dass der Anteil an erneuerbaren Energien so hoch wie möglich ist. Weitere Kriterien sind das Wärmeabsatzpotential in einem Gebiet und wie hoch die gebietsspezifischen Kosten für den Bau der neuen Infrastruktur sind. Denn je mehr Wärme in einem Wärmenetz geliefert werden kann und je geringer die Kosten für dessen Bau, desto eher ist ein Projekt wirtschaftlich abbildbar.
Ergebnisse im ersten Quartal 2023
Nicht zuletzt ist es ebenfalls wichtig zu prüfen, ob in einem Gebiet sogenannte Ankerkunden vorhanden sind. Das können einzelne Gebäude sein, aber auch nebeneinanderliegende Gebäude eines Eigentümers wie etwa der städtischen Wohnungsbaugesellschaft. Je mehr solche Ankerkunden in einem Gebiet vorhanden sind, desto weniger Parteien sind beteiligt, womit die Planungssicherheit und Realisierbarkeit zunehmen.
Am Ende steht dann eine Art Rangliste von Gebieten, in denen Nahwärmenetze entstehen könnten. Daran arbeiten die Stadtwerke aktuell intensiv. Die Ergebnisse werden planmäßig im ersten Quartal 2023 veröffentlicht. In einem nächsten Schritt geht es dann an die Machbarkeitsstudien und dann in die konkrete Planung und Umsetzung.
Fernwärme aus dem See und aus Weinfelden: Machbarkeit wird geprüft
Auf dem Weg, sich unabhängiger von fossilem Erdgas zu machen, arbeiten die Stadtwerke Konstanz auch mit kommunalen Energieversorgern, Verbänden und Unternehmen aus der Schweiz zusammen. Mit Energie Kreuzlingen sowie dem Verband KVA Thurgau und der EKT AG prüfen sie aktuell die Machbarkeit einer Fernwärmeleitung aus Weinfelden sowie die thermische Seewassernutzung, welche Kreuzlingen und Konstanz künftig gebietsweise mit Wärme versorgen könnte. Fachlich begleitet wird das Projekt durch die Swisspower AG.
Eine Fernwärmeleitung könnte von Weinfelden aus CO²-neutrale Abwärme von der KVA Thurgau liefern, welche die Abfälle eines Großteils des Thurgaus sowie des deutschen Landkreises Konstanz thermisch verwertet. Die Machbarkeit des Projekts wird aktuell in technischer, wirtschaftlicher, rechtlicher sowie organisatorischer Hinsicht vertieft geprüft. Sollte sich herausstellen, dass die Fernwärmeleitung und die Seewassernutzung umsetzbar sind, soll in einem nächsten Schritt die weitere Projektentwicklung und Realisierung folgen.
So funktioniert Wärmegewinnung aus dem See
Eines der beiden Projekte möchte Wärme aus dem Bodensee gewinnen. Und das soll folgendermaßen funktionieren: Eine Entnahmeleitung bringt das Wasser aus dem Konstanzer Trichter ans Ufer. Dort wird in einer Technikzentrale ein Wärmetauscher eingesetzt, um einen Teil der Wärme zu übertragen. Da die Temperatur nicht hoch genug ist, um damit Gebäude zu beheizen, kommt im Anschluss eine Wärmepumpe zum Einsatz, welche das Temperaturniveau anhebt. Das Seewasser fließt genauso sauber wie zuvor, aber ein wenig kälter in den Bodensee zurück. Durch den Wärmetauscher gibt es keinen direkten Austausch zwischen dem Bodenseewasser und dem Wasser im Wärmenetz.