Wärmewende in Konstanz
Fragen und Antworten rund um die Wärmeversorgung
Durch die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes haben sich zum 01.01.2024 einige Änderungen im Energiebereich ergeben, von denen GebäudeeigentümerInnen und BauherrInnen betroffen sind. So müssen z. B. Neubauten in Neubaugebieten seit dem 1. Januar mit Heizungen ausgestattet werden, die zu mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Wer seine bestehende Heizung tauschen möchte, hat noch etwas mehr Zeit, um auf erneuerbare Energien umzustellen. In Städten wie Konstanz, mit einer Einwohnerzahl unter 100.000, beginnt die Pflicht, nur mehr klimafreundliche Heizungen einzubauen, am 30. Juni 2028. Diese Frist kann sich jedoch zeitlich nach vorn verschieben, sollte im eigenen Wohngebiet der Ausbau eines Wärmenetzes geplant sein und entsprechend per Satzungsbeschluss des Gemeinderats beschlossen werden.
Wärmeversorgung in Konstanz
Durchschnittlich ein Fünftel der pro Kopf produzierten Treibhausgase entsteht durch Heizung und Strom. Die Energiewende stellt vor allem im Bereich der Wärmeversorgung eine große Herausforderung dar. Unsere Wärme basiert in Konstanz noch zu über 90 % auf fossilen Energieträgern, insbesondere Erdgas und Erdöl. Bestehende Gebäude mit regenerativer Wärme zu versorgen, ist in Städten vor allem in Bereichen mit hoher baulicher Dichte eine anspruchsvolle Aufgabe, da zum Beispiel für das Bohren von Erdwärmesonden nur wenig Platz zur Verfügung steht. Der Status quo in Konstanz stellt sich wie folgt dar: Erdgas hat mit etwa 72 % den größten Anteil, etwa 20 % des Wärmebedarfs wird zudem noch mit Heizöl gedeckt. Zudem haben viele Gebäude noch einen sehr hohen Wärmebedarf und verschwenden entsprechend große Mengen an Heizenergie an die Umgebung.
Künftige Kosten der Nutzung fossiler Energien
Zur Gesetzeslage in Deutschland kommt ab 2027 die Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Sektoren Verkehr und Gebäude hinzu. Die CO2-Bepreisung wird dann an Klimaschutzziele gekoppelt erfolgen, und je höher die verbliebenen Treibhausgasemissionen, desto höher auch der Preis für die Nutzung fossiler Brennstoffe. Auch aus wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten empfiehlt sich folglich eine Auseinandersetzung mit Optionen zur regenerativen Energieversorgung.
Infoveranstaltung vom 19. März 2024
Die Vorträge der ReferentInnen können in den Videos noch einmal angeschaut werden. Auch die dazugehörigen Präsentationen stehen als Pdf zur Verfügung.
Die kommunale Wärmeplanung der Stadt Konstanz
Präsentation zum Vortrag als Pdf (3,1 MB)
Projektentwicklung Wärmeverbünde – von der Strategie zum Hausanschluss
Präsentation zum Vortrag als Pdf (1,4 MB)
Dezentrale Wärmelösungen – Gebiete ohne Wärmeverbund
Präsentation zum Vortrag als Pdf (1,6 MB)
Fragen und Antworten zur Wärmewende in Konstanz
Kommunale Wärmeplanung – was ist das?
Kommunen und GebäudeeigentümerInnen in ganz Deutschland stehen vor der Herausforderung, eine überwiegend fossile Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen.
Dabei stellt sich die Frage, wie der Umstieg so effizient wie möglich erfolgen kann. Um auf kommunaler Ebene wegweisende strategische Entscheidungen für die Wärmewende treffen zu können, wurde sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene die sogenannte „kommunale Wärmeplanung“ eingeführt. Diese dient dazu, Optionen zur erneuerbaren Wärmeversorgung gebietsbezogen aufzuzeigen. Konkret wurde ermittelt, in welchen Gebieten erneuerbar betriebene Wärmenetze eine aus technischen und ökonomischen Gesichtspunkten effiziente und passende Lösung darstellen und in welchen Gebieten es eher zum Einsatz dezentraler (=gebäudespezifischer) Lösungen kommen wird.
Es zeigt sich, dass Wärmenetze einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung von Treibhausgasen in Konstanz darstellen können. Diese werden zwar nicht in allen Stadtgebieten errichtet, können aber aufgrund des hohen Wärmebedarfs in den priorisierten Gebieten 40 – 50 % des Wärmeenergiebedarfs der ganzen Stadt decken.
Ergebnisse und Beschlüsse der kommunalen Wärmeplanung können hier eingesehen werden: www.konstanz.de/energienutzungsplan
Welche Verpflichtungen bringt das novellierte Gebäudeenergiegesetz für GebäudeeigentümerInnen?
Das zum 01.01.2024 in Kraft getretene novellierte Gebäudeenergiegesetz sieht in Verbindung mit einem Heizungstausch unter folgenden Bedingungen eine 65 %-Quote zur Nutzung erneuerbarer Wärme vor:
- generell für Städte unter 100.000 EinwohnerInnen ab dem Stichtag 30.06.2028
- vorab, falls eine Kommune eine gebietsbezogene Ausweisungsentscheidung – z.B. als Wärmenetz-Ausbaugebiet – getroffen hat. Dies ist im Konstanzer Stadtgebiet bisher nirgends der Fall.
Insofern hat der in Konstanz am 25.01.2024 erfolgte Beschluss der kommunalen Wärmeplanung keine unmittelbare rechtliche Außenwirkung auf GebäudeeigentümerInnen. Eine Berücksichtigungspflicht besteht jedoch im Rahmen städtischer Planungs- und Entwicklungsprozesse.
Trotzdem gilt es seit dem 01.01.2024 einige Punkte bei einem Heizungstausch in Bestandsgebäuden zu beachten. Heizungen, die mit Öl oder Gas betrieben werden, dürfen zwar bis zum Ablauf der oben genannten Fristen neu eingebaut werden. Dabei gilt es jedoch in Baden-Württemberg auch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz des Landes im Blick zu behalten. Wenn Sie sich für eine neue Heizung entscheiden, dann prüfen Sie bitte, ob diese nicht nur kurzfristig das Erneuerbare-Wärme-Gesetz, sondern auch langfristig das Gebäudeenergiegesetz erfüllt. Lassen Sie sich von einem/r unabhängigen EnergieberaterIn oder der Energieagentur Kreis Konstanz beraten.
Wie funktioniert ein Wärmenetz?
Ein Wärmenetz ist – einfach gesagt – lediglich ein isoliertes Heizungsrohr, welches in der Straße verlegt und mit einer Flüssigkeit durchflossen wird. Ein Wärmenetz selbst ist an sich kein erneuerbarer Energieträger und wer an ein Wärmenetz angeschlossen ist, wird nicht zwangsweise mit erneuerbarer Wärme versorgt. Ausschlaggebend dafür ist, wie die Wärme für das Wärmenetz erzeugt bzw. bereitgestellt wird. Für die neu entstehenden Wärmenetze soll die Wärme aus erneuerbaren Energien und Abwärme gewonnen werden. Dazu zählen:
- die thermische Nutzung des Bodensees und des Seerheins mittels Wärmepumpen
- die thermische Nutzung der Abwärme des Klärwerks mittels Wärmepumpen
- die Einbindung von unvermeidbarer Abwärme aus dem produzierenden Gewerbe
- die Einbindung von unvermeidbarer Abwärme aus der Kehrrichtverbrennungsanlage (KVA) Thurgau in Weinfelden
Die Übergabe der Wärme aus dem Wärmenetz an das Gebäude erfolgt mittels einer sogenannten Haus- oder Wärme-Übergabestation.
Mit dem Anschluss an ein erneuerbar betriebenes Wärmenetz können die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes erfüllt werden. Gemäß den derzeitigen Planungen wird eine nennenswerte Zahl der Konstanzer GebäudeeigentümerInnen innerhalb der nächsten 10 Jahre die Möglichkeit haben, sich für einen Wärmenetzanschluss zu entscheiden. Derzeit wird an der Projektentwicklung von insgesamt vier Wärmeverbünden gearbeitet. Außerhalb dieser Gebiete müssen dagegen gebäudespezifische dezen-
trale Lösungen gefunden werden. Dazu können Sie sich mit einem/r EnergieberaterIn in Verbindung setzen.
Welche Fördermöglichkeiten und Beratungsangebote gibt es?
Für den Heizungstausch:
- Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM): für Heizungen, die zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden (30 % Grundförderung plus verschiedene Boni). Weitere Infos
- Förderprogramm der Stadt Konstanz: Pauschal 1.000 € für den Heizungstausch.
Für den Anschluss an ein Nahwärmenetz:
- Bundesförderung für effiziente Gebäude – Einzelmaßnahmen (BEG EM): Gebäudeeigentümerinnen können sich die Kosten für den Anschluss an ein Wärmenetz fördern lassen. Das BEG bietet – Stand März 2024 – einen Zuschuss in Höhe von 30 % (plus ggf. verschiedene Boni) auf die Kosten zum Anschluss an ein Wärmenetz. Weitere Infos dazu bei der KfW.
- Förderprogramm der Stadt Konstanz: Pauschal 2.000 € pro Anschluss an ein Wärmenetz.
Sanierungsförderprogramm der Stadt Konstanz
Die Stadt Konstanz stellt derzeit jährlich bis zu einer Million Euro als zusätzlichen Anreiz für die Sanierung von privaten Gebäuden bereit, ein Schwerpunkt liegt auf Wohngebäuden. Zusätzlich zu den bereits genannten Förderungen gibt es bspw. Zuschüsse zur Sanierung der Gebäudehülle oder einer Balkon-PV-Anlage. Weitere Infos unter www.konstanz.de/stadtwandel/foerderprogramme
Energieberatung der Stadtwerke Konstanz
Telefon: 07531 803-4050 oder ganz einfach online anfragen
Was empfiehlt die Stadt, wenn eine Mehrheit der Wohnungseigentümergemeinschaft lieber auf später teure Gas- und Ölheizungen setzt?
Es empfiehlt sich, zunächst eine Energieberatung einzuholen und dabei eine neue fossile Heizung mit unterschiedlichen Szenarien zur CO2-Preisentwicklung darzustellen. Fossil zu heizen, wird teurer und die CO2-Bepreisung wird im Falle einer Vermietung umso stärker vom Eigentümer zu tragen sein, je schlechter der energetische Zustand des Gebäudes ist. Vergleiche hierzu: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/tipps-fuer-verbraucher/aufteilung-co2-kosten-2043728
Darüber hinaus sollte der Hinweis auf steigende Quoten für erneuerbare Wärme auch im Gebäudebestand gegeben werden: Anstatt alle paar Jahre nachbessern zu müssen, ist häufig eine von vornherein überwiegend regenerative Lösung die bessere Wahl.
Was betreibt die Stadt an Aufklärung, damit nicht eine Mehrheit der Eigentümer - gerade in Wohnungseigentümergemeinschaften - jetzt noch schnell auf die teure Falle Gas-/Ölheizung setzt?
- Es gibt eine kostenlose Energie- und Sanierungsberatung über die Energieberatung der Stadtwerke Konstanz: https://www.stadtwerke-konstanz.de/energie/energieberatung/
- Es existiert ein Förderprogramm zur energetischen Bestandssanierung: https://www.konstanz.de/stadtwandel/foerderprogramme
- Es erfolgt Aufklärung über die städtischen Kommunikationskanäle.
Mit welchen Kosten muss eine Wohnungseigentümergemeinschaft rechnen für erstens den Hausanschluss und zweitens die Übergabestation im Haus bei einer Anbindung an ein Wärmenetz?
Wenn jetzt eine Wärmepumpe eingebaut wird und in wenigen Jahren im Gebiet (doch) Wärmenetze ausgebaut werden, wird dann ein Anschlusszwang bestehen?
Die Stadt plant, Fernwärme aus der Kehrrichtverbrennung in Weinfelden zu beziehen. Wie passen die CO2-Emissionen daraus zu den Konstanzer Klimaschutzzielen?
Zunächst ist festzuhalten, dass diese Emissionen ohnehin entstehen, solange Müll produziert wird, der nicht anderweitig verwertet werden kann. Der Umstieg auf eine Kreislaufwirtschaft muss im Sinne des Klimaschutzes erfolgen, bislang sind leider jedoch noch keine rückläufigen Restmüllquoten zu beobachten. Für die Kehrrichtverbrennungsanlage Weinfelden wird sogar noch ein steigendes Aufkommen prognostiziert. Anstatt die entstehende Abwärme nicht vollständig zu nutzen, ist nach derzeitigem Planungsstand eine Kombination aus Abwärmenutzung und Seewasserwärmenutzung vorgesehen. Die Kehrrichtverbrennungsanlage soll zudem in der Perspektive mit Technologie zur CO2-Abscheidung ausgerüstet werden.
Wie werden die erwartbaren Konflikte zwischen der Errichtung von Wärmemetzinfrastruktur und Naturschutz angegangen?
Wieso taucht in der Wärmenetzplanung kaum die Erdwärme auf? Wo darf in Konstanz überhaupt für Erdwärme gebohrt werden? Wer ist für Genehmigungen zuständig?
Typischerweise ist bei der oberflächennahen Geothermienutzung (bis 400 Meter) das Landratsamt als genehmigende Stelle einzubeziehen (Amt für Baurecht und Umwelt). Die Erdwärme stellt für die dezentrale Wärmeversorgung eine gute Option dar, wenn genug Platz für Erdwärme-Bohrungen (z.B. im Garten) vorhanden ist. Für zentrale Wärmenetze zur Versorgung von Bestandsgebäuden in der Größenordnung, wie sie derzeit geplant sind, stellen oberflächennahe Erdwärmesonden kein nutzbares Potenzial für die Wärmewende dar. Anders verhält es sich bei Neubauquartieren oder kleineren Wärmenetzen, wo diese Technologie zum Einsatz kommen kann. Zur Einschätzung des geothermischen Potenzials für die Tiefengeothermie (ab 400 Meter) stehen derzeit nicht genügend Informationen zur Verfügung. Hierfür wären umfangreiche und kostenintensive Studien sowie Prospektions- und Explorationsmaßnahmen notwendig, die aufgrund anderer bekannter Potenziale wie z.B. bei der Seethermie, keine Alternative darstellen.
Wieso ist das Altparadies aus der Wärmenetzplanung Paradies und Altstadt ausgeschlossen?
Schadet eine gewisse Abkühlung durch die thermische Nutzung dem See?
Grundsätzlich: Was ist die Empfehlung für EigentümerInnen außerhalb der aktuell priorisierten Wärmenetzgebiete?
Was mache ich, wenn meine jetzige Heizung kaputt geht, bevor es in meinem Stadtteil ein Wärmenetz gibt?
Können die Förderprogramme, z.B. KfW, auch für die Maßnahmen zum Anschluss der Fernwärme genutzt werden?
Die KfW fördert den Anschluss an ein Wärmenetz mit einem Fördersatz von 30 % und förderfähigen Kosten von 30.000 € für die erste Wohneinheit (15.000 € für die zweite bis sechste Wohneinheit, 8.000 € ab der 7. Wohneinheit). Ggf. können zusätzlich der Klimageschwindigkeitsbonus oder der Einkommensbonus ausbezahlt werden.
Die Stadt Konstanz fördert einen Anschluss mit pauschal 2.000 €.
Woher sollen die 79 GWh/a Wasserstoff und Co. (15 % des Gesamtwärmemixes gemäß Klimaschutzstrategie) bis 2035 kommen? Aus der Schweiz?
Was mache ich, wenn ich eine Gasetagenheizung habe? Welche Vorkehrungen sollte ich treffen, um mich später an ein Wärmenetz anschließen zu können?
Ich wohne direkt neben einem Gebiet für ein Wärmenetz, mein Gebäude befindet sich aber nicht direkt im Projektgebiet. Was soll ich tun?
Die Projektgebiete werden derzeit im Rahmen von Machbarkeitsstudien näher untersucht. Dabei wird auch der Perimeter des späteren Wärmenetzes definiert. Projektgebiete können sich im Rahmen von Machbarkeitsstudien, entgegen der groben Darstellung in der kommunalen Wärmeplanung, auch noch auf weitere Straßenzüge ausdehnen. Eine „Verfügbarkeitsabfrage“ für den Anschluss an ein Wärmenetz wird nach Erstellung der Machbarkeitsstudien erarbeitet. Sollten EigentümerInnen in der Verfügbarkeitsabfrage feststellen, dass sie außerhalb eines Projektperimeters wohnen, wird empfohlen, gemeinsam mit der Energieberatung alternative Lösungen zu erarbeiten.