Aktueller Stand aus dem Forschungsprojekt

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Einbindung der Forschungsergebnisse in das Gesamtprojekt Hafner

Nachhaltiges Bauen

Baumaterialien

Zur Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit und der klimarelevanten Umweltwirkungen der baulichen Maßnahmen (Gebäude und Verkehrsinfrastruktur) auf dem Hafner Areal werden die Graue Energie und die Grauen Emissionen mit Hilfe einer Ökobilanz ermittelt. Dabei werden die Lebensphasen von Herstellung, Austausch und Entsorgung betrachtet sowie - wo möglich – das Recyclingpotential ergänzt.
Es werden die Ökobilanzen verschiedener Konstruktionsweisen berechnet und miteinander verglichen. Aus den Ergebnissen lässt sich folgendes schließen:Ein erheblicher Teil der Treibhausgasemissionen im Lebenszyklus entsteht bei der Herstellung, dem Austausch und der Entsorgung der konstruktiven Bauteile von Gebäuden. Insbesondere in Stahl und Beton stecken viele Graue Emissionen. Deshalb ist es wichtig den Einsatz von Beton zu reduzieren und stattdessen mit nachwachsenden Rohstoffen zu bauen. Da Kellergeschosse aus Stahlbeton errichtet werden bedeutet dies, auch auf Kellergeschosse und insbesondere Tiefgaragen, dort wo möglich, zu verzichten. Die Verwendung von Konstruktionen aus nachwachsenden Rohstoffen bieten gleich zwei Vorteile für das Klima: erstens können die Grauen Emissionen verringert und zweitens biogen gebundenes CO2 langfristig im Bauwerk gespeichert werden. Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit, biogen gebundenes CO2 sogar über den Gebäudelebenszyklus hinaus dauerhaft einzulagern, wodurch das gebundene CO2 am Lebensende des Gebäudes nicht durch Verrottung oder Verbrennung freigesetzt wird. So kann aus einem klimaneutralen Baustoff sogar ein klimafreundlicher werden. Das Potenzial zur langfristigen Einlagerung von biogen gebundenem CO2 über den Gebäudelebenszyklus hinaus wird im Rahmen dieses Forschungsprojektes in Form eines alternativen End-of-Life-Szenarios in der Ökobilanz analysiert und ergänzt so die gängigen End-of-Life-Szenarien.

Ökobilanzierung: Neben der Optimierung des Betriebs spielen auch die Emissionen der Herstellung der Gebäude eine wichtige Rolle. Hier können durch eine optimierte Planung große Einsparpotenziale erschlossen werden. Vor allem der Holzbau ermöglicht durch seine CO2-Speicherfähigkeit negative Emissionen zu Beginn des Lebenszyklus, sowie eine längerfristige temporäre Bindung von biogenem CO2 im Gebäude (siehe Grafik). Quelle: V. John, HTWG Konstanz 2023

Weiteres Vorgehen

  • Erarbeitung von Vorschlägen für einen Zielwert für klimafreundliches Bauen. Zudem wird geprüft wie dieser Zielwert in den weiteren Verlauf der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme integriert werden kann und welche rechtlichen Erfordernisse hierfür notwendig wären.
  • Ableiten von gestalterischen, wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen aus der Vorgabe des Zielwertes.
  • Aufzeigen von Möglichkeiten und Maßnahmen zur konstruktiven und gestalterischen Integration von Solartechnik in den Gebäuden.
  • Analyse des Beitrags suffizienter Wohn- und Nutzungskonzepte auf klimaneutrales Bauen.


Zum Weiterlesen: Nachhaltiges Bauen im neuen Stadtteil Hafner


Klimaanpassung

Das vorrangige Ziel der Klimaanpassung besteht im Schutz der Menschen und der von ihnen benötigten Versorgungsstrukturen vor den absehbaren Folgen des Klimawandels. Konkret bedeutet dies auf der Ebene des Städtebaus unter anderem, die Quartiersbewohner und bauliche Einrichtungen vor Hitze zu schützen und ein angenehmes Mesoklima im Quartier zu schaffen, negative Effekte auf die Wasserkreisläufe zu vermeiden oder zu minimieren, das Risiko durch Sturzfluten infolge von Starkregenereignissen zu reduzieren. Im Rahmen des Projektes Hafner_KliEn werden daher verschiedene Ziele verfolgt, um die Potenziale verschiedener Klimaanpassungsmaßnahmen abschätzbar und anhand objektiver Kriterien vergleichbar zu machen.
Entscheidender und begrenzender Faktor für die Erzeugung von erneuerbarer Energie ist die Verfügbarkeit von Produktionsflächen. Damit steht die Energieproduktion in Konkurrenz mit verschiedenen Maßnahmen zur Klimaanpassung und zur Förderung der Biodiversität, wie etwa Urban Farming, kühlenden Klimadächern oder strukturreichen Lebensräumen für Flora und Fauna.Zunächst wurden deshalb Potenziale in den Bereichen Klimaschutz und Klimaanpassung identifiziert, die an die ausreichende Verfügbarkeit geeigneter Flächen gebunden sind und sich für einen Vergleich anhand flächenbezogener Leistungskennwerte konkret berechnen lassen.Für den Vergleich wurden für alle Leistungskennwerte erreichbare Maximalpotenziale definiert, die sich als Maßstab für den Vergleich der erreichten Leistungspotenziale eignen. Dabei handelt es sich immer um den Leistungskennwert jener Maßnahme, die in dem konkreten Bereich das größte Potenzial aufweist, wie etwa in Bereich Regenwasserspeicherkapazität oder bei der Verdunstungsleistung von Begrünungen an Sommertagen. Die erste Betrachtung zeigt deutlich, dass durch die Kombination von Photovoltaik und Begrünung effektive Mehrfachnutzungen von Dach- und Freiflächen möglich werden, die aber auf Dachflächen zu erheblichen Einbußen bei der Stromproduktion von mehr als der Hälfte des Jahresertrags führen. Umgekehrt gehen bei einer Maximierung des Solarpotenzials sämtliche günstigen Effekte von Begrünungen für Klimaanpassungsziele, die Förderung der Biodiversität oder die Absorption von CO2 verloren. Die Ausschöpfung des Maximalpotenzials bei einem speziellen Leistungskennwert geht fast immer zulasten aller übrigen Leistungskennwerte. Eine weitere Erkenntnis ist jedoch auch, dass Mehrfachbelegungen, wie etwa eine vollflächige Belegung der Dachflächen mit Photovoltaik-Gründächern, nicht unbedingt zu den besten Ergebnissen führt, sondern eine Kombination verschiedener Maßnahmen auf getrennten Flächen durchaus in einigen Bereichen zu besseren Ergebnissen führen kann, wie etwa die Kombination von drei verschiedenen Dachbelegungen, wie z. B. unbegrünten PV-Pultdächern mit PV-Gründächern und reinen Klimagründächern. Eine wichtige Erkenntnis ist des Weiteren, dass die Begrünung von Gebäuden nicht verzichtbar ist, wenn nach der Baumaßnahme Leistungskennwerte in den Bereichen Wasserretention, Verdunstungskühlung oder Insektenlebensräumen erreicht werden sollen, die den Leistungskennwerten nahekommen, die das Baugebiet vor der Baumaßnahme aufgewiesen hat.


Zum Weiterlesen: Klimaanpassung im neuen Stadtteil Hafner

Mobilität

Ziele des Arbeitsbereiches

Im Arbeitsbereich 3 Mobilität wurden Maßnahmen für eine möglichst klimaneutrale Mobilität im Hafner entwickelt. Die Maßnahmen umfassen die Reduktion der Fahrzeuge des motorisierten Individualverkehrs bei gleichzeitigem Ausbau klimafreundlicher Mobilitätsangebote, wie dem Rad- und Fußverkehr oder dem Öffentlichen Personennahverkehr sowie die Nutzung alternativer Antriebe. Die Aufgabe bestand darin, diese Maßnahmen für den Hafner zu konkretisieren, deren Umsetzbarkeit zu betrachten und deren Auswirkungen auf den Energiebedarf sowie die benötigte Infrastruktur aufzuzeigen. Zudem wurden unterschiedliche Antriebsarten einer Lebenszyklusanalyse unterzogen sowie der Einsatz eines Elektrolyseurs im Quartier untersucht.

Aktueller Stand

Gemäß dem Klima-Plus-Szenario der Stadt Konstanz ist es notwendig, die Fahrleistung im motorisierten Individualverkehr (MIV) bis 2035 um rund 51 % zu verringern. Da die Nutzung und dementsprechend die Fahrleistung der Fahrzeuge in Korrelation mit der Anzahl der verfügbaren Fahrzeuge steht, ist die Fahrzeuganzahl bis 2035 signifikant zu verringern. Die Fahrleistung soll dabei zu mindestens 67 % alternativ angetrieben erfolgen.Die Anforderungen an den Fahrzeugbestand wurden anhand der Bewohneranzahl auf den Hafner heruntergerechnet. Dabei wurde angenommen, dass durch attraktive Sharing-Angebote und dem Mobilitätsverhalten der jungen Generation die Fahrzeuganzahl bis 2035 im Hafner auf knapp 50 % sinkt.Bezogen auf die geplanten Wohneinheiten (WE) im Hafner errechnet sich unter diesen Annahmen ein Stellplatzschlüssel von rund 0,5 Stellplätzen je WE für den Hafner.

(Prognostizierte) Kfz-Zulassungen im Landkreis Konstanz nach dem Klima-Plus-Szenario:
  Gesamtanzahl Pkw Benziner Diesel BEV Sonstiges (inkl.Hybrid, Gas, BZ)
Landkreis Konstanz 158.401 109.292 46.040 359 2.710
Stadt Konstanz 2019 36.352 25.083 10.542 84 643
Stadt Konstanz 2035 17.812 4.097 1.781 11.394 -*
Stadtteil Hafner 2035 1.400 319 143 938 -*

*in BEV berücksichtigt. Aufgrund der Anbauproblematik und zum Teil mangelnden Klimaneutralität sind Hybrid- und Gasantriebe auf ein Minimum zu reduzieren. Quelle: eigene Berechnung und Darstellung nach LRAKN, 2021/ifeu 2021

Um diesen Stellplatzschlüssel zu legitimieren ist ein attraktives Mobilitätskonzept mit guten Alternativen zum MIV notwendig. Dazu zählt, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) attraktiv zu gestalten, insbesondere hinsichtlich Taktung, Linienführung und Angebot. Durch die Modernisierung der Busflotte und Umstellung auf elektrische Antriebe wird der ÖPNV nicht nur komfortabler, sondern auch klimafreundlicher. Sharing-Angebote ergänzen das Mobilitätsangebot an die Bewohner*Innen in sinnvollem Maße. Für den Hafner kann man mit einem Bedarf von einem Carsharing-Fahrzeug je 20 bis 25 Wohneinheiten ohne eigenes Fahrzeug rechnen. Bei einem Stellplatzschlüssel von 0,5 ergibt dies 1.650 Wohneinheiten ohne eigenes Fahrzeug und somit ca. 66-83 Carsharing-Fahrzeuge im Quartier.Im Rahmen der Untersuchungen zum Einsatz eines Elektrolyseurs im Hafner wurde eine Marktstudie zur Ermittlung des Angebots und der Nachfrage für Wasserstoff in der Stadt und dem Landkreis Konstanz durchgeführt. Die Studie zum Wasserstoffbedarf kam dabei zum Ergebnis, dass in Konstanz in Zukunft kein nennenswerter Wasserstoffbedarf entstehen wird. Der Einsatz eines Elektrolyseurs zur Herstellung von Wasserstoff für den Mobilitätssektor wird daher als nicht notwendig und sinnvoll eingeschätzt.
Bei der Betrachtung der Antriebsarten (sowohl MIV als auch ÖPNV) wurde der Fokus auf rein batterieelektrische (BEV), wasserstoffbetriebene (FCEV) und mit konventionellen oder strombasierten synthetischen Kraftstoffen (eFuels) betriebene Fahrzeuge (ICE) gesetzt. Biogas wurde hingegen nicht weiter betrachtet – unter anderem aufgrund der fehlenden Klimaneutralität. Für die Antriebsarten wurde eine Lebenszyklusanalyse (LCA) anhand eines Vergleichsmodells durchgeführt, die sowohl die Herstellung als auch Kraftstoffbereitstellung und Kraftstoffeffizienz berücksichtigt. Ein mögliches Recycling lässt sich derzeit nicht bei allen Antriebsarten belastbar prognostizieren. Ersichtlich wurde jedoch, dass BEV über den Nutzungszeitraum die geringsten THG-Emissionen aufweisen können, wenn Strom aus erneuerbaren Energien eingesetzt wird:

THG-Emissionen Pkw pro Jahr inkl. Herstellung, eigene Darstellung Stand: 2022
Antriebsart (Vergleichsmodell) THG-Emissionen Herstellung THG-Emissionen Kraftstoff Jahresfahrleistung THG-Emissionen Lebenszyklus* THG-Emissionen pro Jahr
ICE Benzin (VW Golf) 8.160 kg CO2-eq 2.514 kg CO2-eq 38.328 kg CO2-eq 3.194 kg CO2-eq
ICE Diesel (VW Golf TDi) 8.160 kg CO2-eq 2.418 kg CO2-eq 37.176 kg CO2-eq 3.098 kg CO2-eq
BEV (VW ID.3) 13.881 kg CO2-eq 980 kg CO2-eq 25.641 kg CO2-eq 2.137 kg CO2-eq
FCEV (Toyota Mirai) 12.483 kg CO2-eq 2.948 kg CO2-eq 47.859 kg CO2-eq 3.988 kg CO2-eq

* =156.000 km Gesamtfahrleistung (12 Jahre Nutzungsdauer und 13.000 km pro Jahr)
*² =inkl. THG-Emissionen Batterie/Brennstoffzelle

Insbesondere der Gesamtwirkungsgrad des Kraftstoffes ist bei BEV deutlich besser zu bewerten, als bei den anderen Kraftstoffarten. Im Vergleich zu wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen liegt dieser bei batterieelektrischen Fahrzeugen circa um das Zweieinhalbfache höher, im Vergleich zu Verbrennungsmotoren, die synthetische Kraftstoffe nutzen, sogar um das Fünffache. Nicht berücksichtigt wurde dabei der Kostenfaktor, der sowohl bei Wasserstoff als auch eFuels deutlich höher liegen dürfte. Fossile Antriebe auf Basis von Diesel und Benzin wurden aufgrund mangelnder Klimaneutralität nicht berücksichtigt.

Effizienz unterschiedlicher Kraftstoffe alternativer Antriebe, eigene Darstellung nach Daten von (Fraunhofer ISI, 2019); (acatech et al., 2017); (Agora Verkehrswende, Agora Energiewende und Frontier Economics, 2018)

In Hinblick auf die Tankinfrastruktur können eFuels den Vorteil nutzen, auf bereits bestehende Infrastrukturen zurückzugreifen. Bei Wasserstoff müsste eine erhebliche Summe in eine Wasserstofftankstelle investiert werden, die mit Blick auf die Ergebnisse der Marktuntersuchungen keinen wirtschaftlichen Betrieb erkennen lässt. Bei Stromladestationen ist der Aufwand hingegen relativ gering, die Verfügbarkeit gut und sowohl öffentlich als auch privat umsetzbar.

Weiteres Vorgehen

Es wird derzeit die Möglichkeit eines autonomen Shuttles innerhalb des Quartiers betrachtet. Dazu finden und werden noch weitere Gespräche mit derzeitigen Pionieren in diesem Bereich geführt (u.a. DB Regio AG).

Quellenverzeichnis


Zum Weiterlesen: Mobilitätskonzept für den neuen Stadtteil Hafner

Energieversorgung

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird im Arbeitsbereich 4 „Energieversorgung“ die integrale, konzeptionelle Gesamtplanung des Energiesystems erarbeitet. Die Erstellung des integralen Energieversorgungskonzepts kann im Wesentlichen in die nachfolgenden Phasen gegliedert werden:

  1. Energiebedarfsanalyse auf Basis der aktuellen Rahmenplanung unter Berücksichtigung der räumlichen Verteilung der Nutzungen in den Gebäuden und der zeitlichen Entwicklung der Bauabschnitte
  2. Potenzialanalyse zur Ermittlung der im lokalen Umfeld aktivierbaren erneuerbaren Energiequellen
  3. Variantenentwicklung auf Basis einer Vorauswahl von Versorgungsoptionen und der ersten Grobauslegung von Hauptkomponenten
  4. Gesamtsystemsimulation und technisch-wirtschaftlichen Systemoptimierung mit der Simulationssoftware QuaSi
  5. Entwicklung umsetzbarer Geschäftsmodelle für Investition und Betrieb


Für die Ableitung einer Umsetzungsempfehlung bzw. Zielvariante werden die Ergebnisse dieser Phasen in einer Matrix aufbereitet und bewertet. Ziel ist eine Energieversorgungsvariante, die möglichst den Zielen für einen klimaneutralen und energiewendedienlichen Stadtteil entspricht.

Säulen der Energieversorgung

Als übergeordnetes Ziel ist eine ausgeglichene Treibhausgasbilanz anzustreben. Dafür soll eine vollständige Deckung des Wärmebedarfs zu 100 % aus erneuerbarer oder emissionsfreier Wärme erreicht werden. Im Strombereich sollen die lokalen Erzeugungsanlagen mindestens so viel Strom zur Verfügung stellen wie im Jahr in allen Sektoren benötigt wird.
Im Zuge der Grundlagenerarbeitung konnten folgende Säulen der Energieversorgung als richtungsweisend für die Festlegung konkreter Umsetzungsziele identifiziert werden.

Maximale Solarisierung

Aufgrund mangelnder Potentiale für Wind- und Wasserkraft und den Verzicht auf Bioenergie konzentriert sich die Stromerzeugung im Quartier auf die Photovoltaik (PV). Mit der geplanten Siedlungsstruktur aus überwiegend mehrgeschossigen Mehrfamilienhäusern resultiert ein hoher spezifischer Stromverbrauch pro Fläche, dem ein begrenztes Flächenpotential für die Stromerzeugung durch PV entgegensteht. Die maximale Solarisierung der zur Verfügung stehenden Flächen mit Photovoltaik (PV) ist daher unerlässlich, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen und dementsprechend hat die maximale Solarisierung höchste Priorität zur Erreichung der Klimaneutralität. Zudem ist bei den Gebäuden ein Eigenversorgungsgrad aus lokal erzeugtem Strom von mindestens 25 % vorzusehen. Dieser umfasst sämtliche Stromnutzungen im Gebäude, auch den Nutzerstrom. Die maximale Solarisierung innerhalb der Quartiersgrenzen wird erreicht durch die Belegung der zur Verfügung stehenden Dach- und Fassadenflächen auf den Gebäuden sowie den Aufbau von zwei Freiflächensolaranlagen im Quartier.

Effiziente Gebäude

Um den Energiebedarf möglichst gering zu halten, werden eine hohe Energieeffizienz der Gebäude mit Dämmstandards von EG/EH 40 oder besser, effiziente Elektrogeräte mit höchster Effizienzklasse und die Sensibilisierung der Nutzer mittels Informationen (über Hardware/Systeme als auch Workshops/Infoveranstaltungen) wichtige Bestandteile des Energiekonzeptes sein.

Nutzung emissionsfreier Wärme

Im Bereich der Wärmeerzeugung leitet sich aus dem Ziel der Klimaneutralität die vollständige Deckung des Wärmebedarfs zu 100 % aus erneuerbarer oder emissionsfreier Wärme als Ziel ab. Da mit Blick auf die Energiewende das begrenzte Biomassepotential für die Versorgung des Gebäudebestands benötigt wird und eine möglichst lokale und energieeffiziente Versorgung angestrebt wird, sollen zur emissionsfreien Wärmeversorgung maßgeblich Systeme zur Nutzung von Umweltwärme und Abwärme unter Einsatz von Wärmepumpen untersucht werden. Aus vorangegangen Analysen ergeben sich im lokalen Projektkontext folgende Potenziale: Bodenseewasserwärme, Abwärmenutzung aus geklärtem Wasser im Abflussbereich der Kläranlage sowie aus gewerblichen und industriellen Prozessen, Geothermie in Form von Erdsonden sowie die Außenluft. Die Wärme kann dabei entweder direkt auf dem verfügbaren Temperaturniveau genutzt oder mittels Wärmepumpen auf das erforderliche Temperaturniveau angehoben werden. Die konkrete Priorisierung der Wärmequellen erfolgt im Rahmen der Konzeptentwicklung unter Berücksichtigung der städtebaulichen Parameter und Planungsziele. Für die Bewertung der einzelnen Potenziale werden die erforderlichen Flächen für Erschließung, Energiezentralen, Wärmenetze und Übergabesysteme auf Gebäudeebene aufbereitet.

Sektorenkopplung

Die letzte Säule stellt die Sektorenkopplung dar. Diese soll einen Mehrwert über das Quartier hinaus schaffen und damit einen energiewendedienlichen Betrieb sicherstellen. Um eine Minderung von Treibhausgas-Emissionen in allen Sektoren zu erzielen, müssen die Sektoren in einem holistischen Ansatz miteinander vernetzt werden. Ein besserer Abgleich zwischen fluktuierenden erneuerbaren Energien und der Nachfrage nach elektrischer Energie in den Sektoren Mobilität und Wärme führt letztendlich zu einem kosteneffizienten Energiesystem im Quartier und unterstützt direkt die Transformation des Energiesystems außerhalb.

Aktueller Stand der Konzepterstellung

Insgesamt vier verschiedene Wärme-Versorgungsvarianten werden in der finalen Gesamtsystemsimulation ausgearbeitet und miteinander verglichen. Nachfolgend sind in Kurzform diese Versorgungsvarianten beschrieben.

Variante 1 – Nutzung der Bodenseewärme

Bei Variante 1 basiert die Wärmeversorgung auf einem Niedertemperatur-Wärmenetz. In einer Heizzentrale wird die Wärme mittels zentralen Groß-Wärmepumpen erzeugt, die als Wärmequelle das Wasser des Bodensees nutzen.Für die Bewertung der Seewassernutzung wurde eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, um die Einhaltung der Richtlinien der Internationalen Gewässerschutzkommission für den Bodensee (IGKB) zu klären. Das Ergebnis war positiv, das Wasser würde in rund 20 m Tiefe entnommen und in 25 m Tiefe zurückgeleitet.Die größte Herausforderung dieses Konzepts liegt in der Sicherung der benötigten Flächen für Energiezentralen in Ufernähe und somit der Standortfindung. Aufgrund der hohen Volumenströme bei der Seewassernutzung und den Anforderungen zur Verortung der Pumpen unter Seewasserniveau ist eine Heizzentrale in Seenähe erforderlich. Dort erfolgt dann über die Wärmepumpen die Anhebung auf das Temperaturniveau des Wärmenetzes zum Hafner (Zieltemperatur Vorlauf ~ 45 °C).Zum jetzigen Stand ist an dieser Heizzentrale ein großer Wärmespeicher mit ca. 400 m³ vorgesehen, um die Lastspitzen und somit die benötigten Dimensionen der Rohrleitungen in den See zu reduzieren. Die Verlegung der Rohrleitungen in den See müsste über Bohrverfahren durchgeführt werden.

Variante 2 – Nutzung der Abwasser- und Industrieabwärme

In Variante 2 erfolgt die Wärmeversorgung ebenfalls über ein Niedertemperatur-Wärmenetz. In einer Heizzentrale wird die Wärme mittels zentralen Groß-Wärmepumpen erzeugt, die als Wärmequelle die Abwasserwärme aus dem Auslauf der Konstanzer Kläranlage als auch Industrieabwärme nutzen.Über Messungen der Temperatur und des Volumenstroms des geklärten Abwassers der Entsorgungsbetriebe Konstanz wurde das Potential der Abwasserwärme bestimmt. Dieses und die identifizierte industrielle Abwärme reichen alleine nicht aus, um den Hafner zu versorgen. Momentan ist die Kombination mit Luft-Wärmepumpen in der Heizzentrale in Prüfung, um die Wärmeversorgung für das Quartier sicherzustellen.Herausforderung dieses Konzeptes ist insbesondere die Leitungslegung für das Wärmenetz zum Hafner, da hier natursensible Bereiche gekreuzt werden. Die Suche nach möglichen Standorten für die Heizzentrale mit den Groß-Wärmepumpen ist momentan in Arbeit.

Variante 3 – Nutzung der Geothermie durch Erdsonden

Variante 3 baut auf einem semizentralen-Versorgungskonzept auf. Hierbei erfolgt die Wärmeversorgung über je einem Wärmenetz pro Bauabschnitt. Jeder Bauabschnitt besitzt dabei eine Heizzentrale mit Groß-Wärmepumpen, die die Wärme für die Wärmenetze bereitstellen. Als Umweltwärmequelle wird in dieser Variante die Geothermie mittels Erdwärmesonden erschlossen, ergänzt um zentrale Luft-Wärmepumpen.Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden vier Probebohrungen durchgeführt. Im anschließenden Thermal-Response-Test wurde die Wärmeleitfähigkeit des Untergrunds bestimmt. Mit diesen Ergebnissen wurde mittels Simulation ermittelt, wie viel Wärme dem Boden entnommen werden kann ohne den Boden dauerhaft auszukühlen.Die Herausforderung bei diesem Konzept sind die großen benötigten Flächen, die sowohl für die große Anzahl an Erdwärmesonden (> 900 Sonden) auch zum Ausgleich der Eingriffsmaßnahme benötigt werden. Die Kombination der Erdsonden mit Ausgleichsflächen wie z.B. Streuobstwiesen ist nach jetzigem Stand möglich, wird aber in der Erarbeitung der Umweltberichts weiter geprüft. Die zusätzlich zum eigentlichen Wärmenetz zu verlegenden Leitungen zwischen den Erdsonden und der Energiezentrale bedeuten einen erhöhten Platzbedarf im Hafner, der im Zuge der koordinierten Erschließungsplanung entsprechend berücksichtigt werden muss.

Variante 4 - Nutzung der Außenluft

Bei Variante 4 erfolgt die Wärmebereitstellung für die Gebäude analog zu Variante 3 über semizentrale Wärmenetze je Bauabschnitt. In den Heizzentralen sollen hierfür zentrale Luft-Wärmepumpen eingesetzt werden, um Wärme für die Wärmenetze bereitzustellen.Die Vorteile der Nutzung der Außenluft liegen darin, dass die Wärmequelle im oder Nahe des Hafner-Gebietes erschlossen werden kann. Problematisch sind jedoch der Flächenbedarf und die Schallemissionen der Luft-Wärmepumpen. Deren Flächenbedarf kann sich negativ auf die für Solaranlagen verfügbare Fläche im Außenraum auswirken. Denn die Schallemissionen erfordern dabei die Verortung der Anlagentechnik an den Siedlungsrand sowie weitere Schallschutzmaßnahmen.

Bewertung der Versorgungsvarianten

Um die große Breite an Themen und Versorgungsoptionen adäquat bewerten zu können, werden im Rahmen eines Variantenvergleichs ökologische, ökonomische und technische Bewertungsgrößen gebildet. Diese Bewertungskriterien sind strukturiert im Bewertungsmaßstab KliEn aufbereitet und dienen als transparente Grundlage für die Ableitung von Umsetzungsempfehlungen.Der Bewertungsmaßstab KliEn gliedert sich für eine bessere Übersichtlichkeit in fünf Bereiche auf. Die einzelnen Bereiche setzen sich aus einzelnen Bewertungskriterien zusammen und sind unterschiedlich stark gewichtet. Folgende Bereiche und Kriterien werden dabei berücksichtigt:

  1. Beitrag zum Klimaschutz
    Fossiler Restenergiebezug / Effizienz
    Erneuerbare Energieerzeugung
    Klimabilanz ohne Gutschriften
    Klimabilanz mit Gutschriften

  2. Beitrag zur Energiewende
    Eigenversorgungsgrad
    Sektorenkopplung (im Quartier)
    Flexibilität für Stromnetzstabilität
    Mobilität
    Kühlung der Gebäude und Bereitstellung von Prozesskälte
    Mehrwert über Quartier hinaus

  3. Flächenbedarf
    Flächenbedarf Gebäude
    Flächenbedarf und -belastung von Freiflächen

  4. Komplexität und Resilienz
    Komplexität in der Planung und Umsetzung
    Komplexität im Betrieb
    Resilienz und Anpassungsfähigkeit
    Innovationsgrad
    Risikobewertung

  5. Wirtschaftlichkeit
    Investitionskosten
    Jahresgesamtkosten
    Energiekosten Wärme (€/kWh)
    Energiekosten Strom (€/kWh)
    Regionale Wertschöpfung

Weiteres Vorgehen

Aktuell erfolgt die Finalisierung des Variantenvergleichs. Auf Basis der Variantenbewertung wird aus dem Forschungsverbund eine Umsetzungsempfehlung abgeleitet, die in die weitere kommunalpolitische Entscheidungsfindung eingespeist wird.Für die empfohlene Energieversorgungsvariante werden im Anschluss geeignete Betreiber- und Geschäftsmodelle entwickelt.


Zum Weiterlesen: Energieversorgungskonzept für den neuen Stadtteil Hafner

Soziologische Begleitforschung

Ziele

Die soziologische Begleitforschung der entstehenden klimaneutralen und energiewendedienlichen Stadtentwicklung „Konstanz Hafner“ im Rahmen des Projekts „Hafner KliEn“ hat zum Ziel, einen sozial abgestimmten erfolgreichen Abschluss unter gesellschaftlicher Beteiligung zu gewährleisten. Dabei umfasst das Forschungsinteresse:

  • Fragen der Nutzerzufriedenheit potenzieller Nutzergruppen des geplanten Quartiers
  • mögliche Maßnahmen zur Steigerung der Nutzerakzeptanz (z.B. gegenüber neuen Wohnformen und Technologien)
  • Methoden der Öffentlichkeitsarbeit und Bürgerbeteiligung
  • die Erforschung fachübergreifender Kommunikationsprozesse
  • die Erhebung und Ermittlung der Bedarfe und Positionen beteiligter Interessensgruppen und Akteure


Die Begleitforschung erlaubt eine arbeitspaketübergreifende Reflektion und Analyse mit dem Ziel, eine Sensibilisierung für soziale Prozesse zu erreichen.

Aktueller Stand

Im Rahmen der Akteursanalyse waren die Identifikation und Ansprache der prozessrelevanten variierenden Akteure in Interviews und Gesprächen zu erfüllen. Durch Experteninterviews, Einzelgespräche und Feldforschung wurden mittels Analysemethoden der qualitativen Sozialforschung folgende Ergebnisse für die Erwartungen, Befürchtungen und Kommunikationsanforderungen festgestellt:

Erwartungen Befürchtungen Kommunikationsanforderungen
Erfüllung/Umsetzung der Vorgaben, Klimaneutralität, Nachhaltigkeit, Sozialverträglichkeit, Minderung Wohnungsdruck, Außenwirkung/Vorbildcharakter, Beschäftigung mit praktischen Problemen/Umsetzbarkeiten Techn. Umsetzbarkeiten, komplexe Projektstruktur, Lange und schwierige Planungsspanne, Zukunftsoffenheit, Innovationsverlust, politische Restriktionen, Kompromissfindung schwierig, Wissensvermittlung, Personalengpässe Transparenz, adressatengerechte Ansprache und Wissensvermittlung, Informationsradius/Einbindung erweitern, Information/Wissen zentral bündeln, Infrastruktur für Kommunikation bereitstellen, gemeinsame Erarbeitung

Daraus abgeleitete aktuelle Themen, Bedarfe und Problemstellungen wurden sozialwissenschaftlich so aufbereitet, dass sie als konkretes Feedback über Workshops und Projektmeetings wieder in den Prozessverlauf zurückgegeben werden konnten.
Innerhalb der Arbeitspakete Nutzerzufriedenheit und -akzeptanz wurden ethnografische Feldforschungaufenthalte bei einer Auswahl an vergleichbaren ökologischen „Leuchtturm“-Wohnprojekten und Quartiersbewohnenden durchgeführt und gegenübergestellt. Die Auswahl umfasste Quartiere in den Städten Wien, Zürich, Hamburg, Überlingen und Konstanz. Die Erkenntnisse werden zur Entwicklung von kommunikativen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit & -beteiligung nutzbar gemacht. Ergebnisse sind u.a., dass adressatengerechte Ansprachen jeweiliger Nutzergruppen und eine frühe und weitreichende Zusammenarbeit und Mitwirkung in Gestaltungsfragen die Akzeptanz und Zufriedenheit steigern können. Anwesenheit und Ansprechbarkeit der Verantwortlichen „vor Ort“ (je Phase) ist ebenso wichtig, wie regelmäßige und kontinuierliche Informationsformate. Eine Vernetzung und „Übersetzung“ zwischen Wissenschaft und Praxis kann dabei helfen, die kommunikativen Hürden zu überwinden. Die „geplante Zukunft“ muss als mögliche Lebensrealität der zukünftigen BewohnerInnen und gleichzeitig als notwendige Kraft innerhalb der Energiewende und Klimafolgenabwehr dargestellt werden können.

Weiteres Vorgehen

Die in der Akteursanalyse identifizierten Inhalte und Problemstellungen sollen im weiteren Verlauf in Gruppengesprächen mit einer Auswahl an externen Fachexperten besprochen werden. Ziele sind dabei die Einholung einer externen Perspektive und verschiedene Meinungsbilder auf Projektinhalte, Erkenntnisse über Hürden und Hemmnisse bei Akteuren/Akteursgruppen, die Schärfung von Maßnahmen und Möglichkeiten zur gemeinsamen Strategieplanung und Erkenntnisse über Kommunikationen und Interaktionen der Akteure und des Projektes. Es fanden darüber hinaus Begleitungsforschungen von städtischen Öffentlichkeitsveranstaltungen (Infoveranstaltungen, Bürgerbeteiligungsevents) statt. Die Auswertung der Datenerhebung und Publikation von Ergebnissen ist aktuell im Gange.

Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit

Bisherige Beteiligungsformate im Überblick

Die Stadt Konstanz nutzt die gesamte Bandbreite ihrer Kanäle, um über Neuigkeiten zum Stadtteil Hafner zu informieren und den Entwicklungsprozess eng und für die Öffentlichkeit transparent kommunikativ zu begleiten. Dazu zählen neben Flyern, Broschüren und dem zweiwöchentlich erscheinenden Amtsblatt insbesondere digitale Kommunikationskanäle wie Social Media, die städtische Homepage sowie der Hafner-Newsletter.

Einbindung der Forschungsergebnisse in das Gesamtprojekt Hafner

Ziele

Die Aufgabe besteht darin, die erarbeiteten Maßnahmen und Konzepte in den Planungsprozess einzuspeisen. Dies erfordert zum einen den zeitlichen Abgleich des Planungsprozesses des Stadtteils mit dem Forschungsprojekt und zum anderen die Definition von Anforderungen an die Ergebnisse des Forschungsprojektes, sodass sie im Planungs- und Umsetzungsprozess verwendet werden können. Dies geht Hand in Hand mit der Prüfung der rechtlichen Möglichkeiten zur Umsetzung der Maßnahmen wie z.B. die möglichen Vorgaben in Bebauungsplänen, Kriterien in Vergabeverfahren, Inhalten von Gestaltungsleitfäden sowie die Umsetzung des Energieversorgungskonzeptes. Es erfolgt zudem ein Abgleich zwischen den Ergebnissen des Forschungsprojektes mit den Zielen der Entwicklung des neuen Stadtteils Hafner und den Klimaschutzzielen der Stadt Konstanz.

Aktueller Stand

Die Einspeisung der Forschungsergebnisse in die Planung ist laufend im Gange. So sind die Erkenntnisse aus dem Arbeitsbereich Mobilität schon in die Erstellung des Mobilitätskonzeptes mit aufgenommen worden. Zudem werden die möglichen rechtlichen Mittel zur Umsetzung von Maßnahmen des nachhaltigen Bauens geprüft und in die Erarbeitung des Bebauungsplanes, des Konzeptvergabeverfahrens und des Gestaltungsleitfadens für den ersten Bauabschnitt mit aufgenommen. Die im Arbeitsbereich „Energieversorgung“ erarbeiteten Energieversorgungsvarianten wurden auf ihre Genehmigungsbelange hin geprüft.

Weiteres Vorgehen

Die beschriebenen, in den obigen Abschnitten vorgestellten Arbeiten werden weiter fortgeführt und mit fortschreitenden Planungen weiter konkretisiert.