KliEn – Was bedeutet das?

Mit Beschluss der planerischen Rahmenbedingungen und Ziele zur Entwicklung des Gebietes Hafner legte der Gemeinderat der Stadt Konstanz im März 2018 das Ziel der Klimaneutralität für das Projekt fest: „Angesichts der Langfristigkeit des Vorhabens wird die Klimaneutralität angestrebt, insbesondere eine in der Jahresbilanz klimaneutrale Energieversorgung.“

Mit den einstimmig durch den Konstanzer Gemeinderat getroffenen Klimanotstandsbeschlüssen vom 02.05.2019 wurde die Eindämmung der Klimakrise als „Aufgabe von höchster Priorität“ anerkannt. Für Neubauten und neue Quartiere wurde in diesem Zuge auch die in der Jahresbilanz klimaneutrale Energieversorgung mit möglichst hohem Anteil lokal verfügbarer regenerativer Energien als generelles Ziel fixiert.

Um die Fragen zu klären, welche Anforderungen die Zielsetzung der Klimaneutralität an die Planung und Umsetzung eines Stadtquartiers stellt und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um diese Anforderungen bestmöglich zu erfüllen, wurde das Forschungsprojekt Hafner_KliEn gestartet. Die zentralen Ziele des Forschungsvorhabens sind die Klimaneutralität und die Energiewendedienlichkeit, aus denen sich das Akronym KliEn ableitet.

Der Fokus des Projektes liegt dabei insbesondere auf der Umsetzbarkeit der erarbeiteten Maßnahmen und der Vereinbarkeit mit den Zielen der städtischen Entwicklungsmaßnahme.

Definition von klimaneutral und energiewendedienlich gegeben und ggfls. noch die Ziele des Forschungsprojektes bzw. Ergebnisse des AB 1 aufgezeigt werden, diese Einordnung des Forschungsprojektes fehlt sonst bisher

Klimaneutralität

Treibhausgasemissionsziel angelehnt an ein globales Temperaturziel (Emissionen <0)

Energiewendedienlichkeit

Erneuerbare Energieversorgung und Mobilitätsangebote, die einen Beitrag zur Energiewende auch über die Bilanzgrenzen hinaus schaffen

Klimaneutralität

Das Ziel der Klimaneutralität orientiert sich an der Klima-Plus Strategie der Stadt Konstanz, wobei nach dem Übereinkommen der Pariser Klimakonferenz ein CO2-Budget im Sinne einer Restmenge noch emittierbarer Treibhausgase eingehalten werden muss, um die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C zu begrenzen. Über das bundesweite Langfristziel Klimaneutralität bis 2045 hinaus, steht damit die Dringlichkeit einer beschleunigten Umsetzung von Maßnahmen bis 2035 im Mittelpunkt. Die Treibhausgasemissionen durch die Neuentwicklungsmaßnahme sind daher auf ein Mindestmaß zu reduzieren.
Die Klimaneutralität wird im Rahmen einer Treibhausgasbilanz bewertet. Die Klimaneutralität wird erreicht, wenn die Differenz der Treibhausgasemissionen und -gutschriften im Betrachtungszeitraum (2025 – 2050, Jahr 2050) bilanziell kleiner „Null“ ist. Eingekaufte Kompensationen sind dabei nicht zulässig.
Folgende Eckpunkte sind für die Klimaneutralität von besonderer Relevanz:

  • EnergieeinsparungDie energetische Performance ist durch Effizienzmaßnahmen in den Bereichen der Gebäudehülle und -konditionierung sowie des Nutzerstromverbrauchs ökologisch- und ökonomisch zu optimieren.
  • Erneuerbare EnergienDie Versorgung basiert ausschließlich auf erneuerbaren Energien. Eine maximale Nutzung der lokalen erneuerbaren Energiepotentiale mit besonderem Fokus auf der Erzeugung von Solarenergie durch gebäudeintegrierte- und Freiflächen- Photovoltaikanlagen ist anzustreben. Die Nutzung von Biomasse im Neubau ist aufgrund ihrer begrenzten Verfügbarkeit und Nutzungskonkurrenzen mit schwierig zu sanierenden Bestandsbauten ausgeschlossen.
  • Emissionsoptimierte Materialien und HerstellungEs ist ein sorgsamer Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen zu verfolgen. Mit Blick auf den gesamten Lebenszyklus müssen durch bauliche Maßnahmen die Aufwendungen an klimaschädlichen Treibhausgasemissionen möglichst geringgehalten werden. Hierbei ist auch auf eine möglichst sortenreine Rückbaubarkeit im Sinne des Cradle to cradle-Ansatzes zu achten.
  • FlächeneffizienzEine nachhaltige Stadtentwicklung muss unter höchsten energetischen, ökologischen und sozialen Qualitätsstandards eine flächeneffiziente Quartiersgestaltung mit zeitgemäßem Wohnflächenbedarf verfolgen („Qualität statt Quadratmeter“). Auch sind dabei mögliche Umnutzungskonzepte mitzudenken.

Energiewendedienlichkeit

Die Energiewendedienlichkeit zielt auf eine von Beginn an vollständig erneuerbare Energieversorgung für den Hafner und setzt Impulse über die Quartiersgrenzen hinweg.

Neben dem Ansatz des lokalen Energiekreislaufs, bei dem möglichst viel Erneuerbare Energien vor Ort erzeugt und genutzt werden sollen, wird zusätzlich eine Betrachtung des vorgelagerten Energiesystems erforderlich. Insbesondere aufgrund der Volatilität erneuerbaren Stroms muss der Stadtteil daher eine Energiewendedienlichkeit verfolgen, die einen Austausch und eine Rückkopplung mit der vorgelagerten Energieinfrastruktur eingeht und eine umfassende Vernetzung aller Sektoren zulässt. Dabei helfen sowohl intelligente Steuerungen der Komponenten innerhalb des Quartiers als auch flexibel einsetzbare Lasten und Speicherlösungen. Die städtebauliche Entwicklung und deren Energieinfrastruktur sollen damit möglichst einen Mehrwert über die Quartiersgrenzen hinaus für das überregionale Energiesystem schaffen.

Folgende Eckpunkte sind für die Energiewendedienlichkeit von besonderer Relevanz:

  • Sektorenkopplung
    Im Stadtraum werden die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude und Verkehr miteinander vereint. Um eine Minderung von THG-Emissionen in allen Sektoren zu erzielen und um bei der Integration von hohen Anteilen erneuerbarer Energien Synergieeffekte zu ermöglichen, müssen die Sektoren in einem gemeinsamen holistischen Ansatz miteinander vernetzt werden. Ein besserer Abgleich zwischen der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien und der Nachfrage nach elektrischer Energie führt letztendlich zu einer kosteneffizienten Transformation des Gesamtsystems.
  • Niedertemperatur-Energieinfrastrukturen
    Die Nutzung von Niedertemperaturanwendungen auf Gebäude- und Infrastrukturebene ermöglichen eine optimierte Integration erneuerbarer Wärme und Abwärme im Quartier. Darüber hinaus können auf diese Weise die Verluste in den Wärmenetzen minimiert werden.
  • Hoher EigenversorgungsgradFür eine vollständig erneuerbare Energieversorgung ist ein hoher Eigenversorgungsgrad förderlich, um die öffentlichen Netze zu entlasten. Die erneuerbare Energie genau dort zu verbrauchen, wo sie auch erzeugt wird, bringt i.d.R. den Bewohnern auch wirtschaftliche Vorteile (keine oder reduzierte Netznutzungsentgelte und sonstige Abgaben).
  • Agiles System zur Stromnetzstabilisierung
    Das Zusammenführen von volatiler Erzeugung und flexiblen Verbrauchern auf lokaler Ebene senkt den Bedarf an Energietransport und -speicherung. Durch intelligente Vernetzung von Bezugs- und Einspeisemöglichkeiten im Quartier können Schwankungen im Stromnetz stabilisiert und ausgeglichen werden.

Bewertung und Bilanzierung

Für die Bewertung der übergeordneten Projektziele sollen anerkannte und normierte Verfahren verwendet werden, damit der Standard „KliEn“ bei der Anwendung und Übertragbarkeit akzeptiert werden kann. Die Bilanzierung ist angelehnt an den BISKO-Standard, in dem die Methodik der kommunalen Energie- und Treibhausgasbilanzierung vereinheitlicht ist, ergänzt um die grauen Emissionen. Die Systematik hat keinen Anspruch auf eine Globalbilanz. Bilanziert werden Treibhausgasäquivalente, die durch Nutzungen innerhalb der Bilanzgrenze verursacht werden. Zudem sollen Investitionsentscheidungen für Maßnahmen und deren Alternativen durch eine transparente Analyse der vorgelagerten Treibhausgasemissionen bewertbar gemacht werden.Die Bilanzierungsgrenze umfasst das Gesamtquartier (Klimaneutralität) inklusive vorgelagerter Infrastruktur (Energiewendedienlichkeit). Die Bewertungsansätze und -rahmen sind so gewählt, dass zum einen Emissionen berücksichtigt werden, die eine signifikante Höhe und damit Relevanz haben und zum anderen diese mit der heutigen Planung auch beeinflussbar sind.
Sowohl qualitative Kriterien als auch bilanzierbare, quantitative Kriterien fließen in die Bewertung der Klimaneutralität und Energiewendedienlichkeit im Entwicklungsprozess des Hafner KliEn ein:

  1. Für Gebäude, Straßen und öffentliche Plätze soll eine Ökobilanzierung nach DIN EN ISO 14040 ff. und DIN EN 15978 durchgeführt werden.
  2. Energieversorgung und Mobilität werden nach endenergiebasiertem Territorialprinzip inklusive Vorketten bilanziert (GWP / CO2-eq inkl. Vorketten).
  3. Die städtebauliche Qualität soll auf Basis von qualitativen und/oder quantitativen Kriterien bewertet werden.