Jetzt wird’s nachhaltig
Neue Arbeitskleidung für EBK und TBK
Der Weg zur erfolgreichen Vergabe mit Nachhaltigkeitskriterien
Die orangefarbene Warnschutzkleidung der Müllwerker und Stadtreinigungskräfte, die grün-olivfarbene Arbeitskleidung der Gärtnerinnen und Gärtner, die blauen Hosen und Jacken der Mitarbeitenden auf der Kläranlage – die Arbeitskleidung von Entsorgungsbetrieben (EBK) und Technischen Betrieben Konstanz (TBK) muss je nach Arbeitseinsatz bestimmte Schutzanforderungen erfüllen. Gleichzeitig sollen sich alle in ihrer Kleidung wohl fühlen, damit sie ihre Arbeitsaufträge gut erledigen können. Da die Arbeitskleidung professionell gereinigt werden muss, kaufen EBK und TBK ihre Arbeitskleidung nicht direkt, sondern beziehen sie als Mietkleidung mit Waschdienstleistung.
Der aktuelle Vertrag für die Arbeitsmietkleidung läuft Ende März 2023 aus, so dass sich EBK und TBK seit etwa einem Jahr mit der Neuvergabe beschäftigen. Es handelt sich dabei um einen Auftrag von rund 1.000 Kleidungsstücken für etwa 180 Mitarbeitende, also einen Auftrag der EU-weit ausgeschrieben werden muss.
EBK und TBK wissen, dass die öffentliche Vergabe und der Umgang mit öffentlichen Geldern mit einer besonderen Verantwortung erfolgen müssen. Diese Verantwortung geht für EBK und TBK allerdings über den rein wirtschaftlichen Aspekt hinaus: Die Beschaffung soll auch nachhaltig sein! Denn als Betrieb im Dienst der Öffentlichkeit soll nicht nur von einer Vorbildwirkung gesprochen, sondern diese auch aktiv ausgefüllt werden. Vor allem im Bereich der Textilien und einem Auftrag von diesem Umfang war es EBK und TBK ein Anliegen, die Vergabe nicht nur nach wirtschaftlichen Kriterien auszurichten. Ulrike Hertig, Betriebsleitung der EBK, war von Beginn an überzeugt: „Als kommunaler Eigenbetrieb müssen wir Vorbild sein und dürfen unsere Augen vor den sozialen und ökologischen Missständen nicht verschließen.“ Also wurde beschlossen, dass Angebote nicht nur nach dem Preis, sondern auch nach Nachhaltigkeitskriterien bewertet werden sollen.
Dabei haben sich EBK und TBK von Femnet e.V. unterstützen lassen. Der Bonner Verein setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen der meist weiblichen Arbeiterinnen der Textilbranche ein und unterstützt in Deutschland Kommunen bei einer nachhaltigen, öffentlichen Beschaffung.
Eine wichtige Erkenntnis aus dieser Kooperation: Nachhaltigkeit als Schlagwort zu fordern, ist einfach. Konkrete Kriterien festzulegen, die messbar und vergleichbar sind, ist sehr anspruchsvoll. In Vorbereitung auf die Ausschreibung haben EBK und TBK sehr vom Fachwissen und der Expertise von Rosa Grabe, Vertreterin von Femnet, und dem Vergaberechtsanwalt André Siedenberg profitiert. Gemeinsam wurden bestimmte Schwerpunkte gesetzt, die sich in den verschiedenen Bereichen des Auftrags „Arbeitsmietkleidung mit Waschdienstleistung“ wiederfinden:
Die Fasern, aus denen die Kleidung hergestellt wird, müssen unter Beachtung von Umweltschutzkriterien gewonnen werden. Bei der Konfektionierung der Kleidung, also der Produktion bzw. dem Nähen, wird vor allem auf die soziale Nachhaltigkeit geachtet: Kinderarbeit ist ausgeschlossen, Menschenrechte müssen geachtet und ein angemessener Lohn muss gezahlt werden. Das industrielle Waschen soll ökologisch nachhaltig erfolgen, das bedeutet die Wäscherei soll einen möglichst hohen Anteil an Energie aus regenerativen Quellen nutzen und der CO2-Ausstoß beim Transport möglichst niedrig sein.
Bei der Prüfung der Nachhaltigkeitskriterien wurde unterschieden: Die Erfüllung bestimmter Mindestkriterien, wie beispielsweise die Gültigkeit der ILO Kernarbeitsnorm bei der Konfektionierung, wurde vorausgesetzt, um als Angebot in die Wertung aufgenommen zu werden. Die ILO Kernarbeitsnorm schließt grundlegende Verstöße gegen die Menschenrechte wie Zwangs- und Kinderarbeit aus. Bei weiteren Kriterien, wie beispielsweise dem Anteil von Bio-Baumwolle in den Textilien und dem Anteil regenerativer Energie in der Wäscherei, wurden Punkte vergeben. So konnte die Nachhaltigkeit der Angebote objektiv und nachvollziehbar bewertet und in eine Reihenfolge gebracht werden.
Die endgültige Wertung der eingereichten Angebote setzt sich folgendermaßen zusammen: 60% entfallen auf den Preis, 30% auf die Nachhaltigkeitskriterien und 10% auf die Ergebnisse des Tragetestes durch die Mitarbeitenden von EBK und TBK.
Den Zuschlag hat die Firma Alsco Berufskleidungs-Service GmbH erhalten, die ihre Kollektion in weiten Teilen von der dänischen Firma Mascot bezieht. Alsco hat erfreulicherweise nicht nur bei den Nachhaltigkeitskriterien, sondern auch beim Tragetest am besten abgeschnitten. Die neue Arbeitskleidung von EBK und TBK ist also nicht nur nachhaltig, sondern wird auch gern getragen.
Andreas Haaga, Leitung der Warenwirtschaft, Verantwortlich für die Beschaffung und Projektleiter bei dieser ausführlichen Ausschreibung mit Nachhaltigkeitskriterien blickt zufrieden auf den Prozess zurück: „Wir haben mit dieser Ausschreibung gezeigt, dass Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung nachweisbar eingefordert werden kann. Das gilt selbst für diese umfangreiche, EU-weite Ausschreibung. Dieses Wissen werden wir in zukünftige Vergabeverfahren mitnehmen. Nachhaltigkeit ist für uns jetzt mehr als ein Schlagwort.“