Wandel & Krise
Kunst in Konstanz 1965 bis 1985
Flower Power, 68-Revolte, Frauen- und Anti-Atomkraft-Bewegung: Die Jahre zwischen 1965 und 1985 waren eine Zeit bedeutsamer gesellschaftlicher Umbrüche und Veränderungen, die bis heute nachwirken. Nach dem Wirtschaftsboom der Nachkriegszeit forderte eine junge Generation Ende der 60er-Jahre politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Mitbestimmung. Menschen schlossen sich zu Bürgerinitiativen zusammen, protestierten gegen den Vietnamkrieg, das verstaubte Hochschulwesen und für die sexuelle Selbstbestimmung. Musikalisch begleitet wurde das Aufbegehren vom Pop, Rock und Beat. Auch in Mode, Design und Haushalt schlugen sich Hippiekultur, Friedensbewegung und das Weltraumzeitalter nieder. Möbel, Kleidung und Tapeten wurden mit schrill bunten Mustern versehen und nahmen bisweilen futuristische Formen an. Diese alle Lebensbereiche durchdringende Aufbruchstimmung, verstärkt durch das ungehemmte Vertrauen in die technischen Errungenschaften und den Vorstoß ins All, entfesselte einen nahezu grenzenlosen Fortschrittsoptimismus. Doch RAF-Terror, die Ölkrise 1973, die wachsende Angst vor der Atomkraft und die Warnungen des Club of Rome trübten die Euphorie.
Auch in der Kunst brach in den 60er-Jahren eine neue Ära an. KünstlerInnen lösten sich vom traditionellen Kunstverständnis und suchten neue, unkonventionelle Wege: Zahlreiche Kunstrichtungen – Pop, Op, Minimal, Arte Povera, Land Art, Fluxus, Happenings und Konzeptkunst – entstanden, die auch in den öffentlichen Raum hineinwirkten. Kunst sollte für alle zugänglich und erschwinglich sein.
Die Sommerausstellung der städtischen Wessenberg-Galerie beleuchtet ab dem 6. Mai bis zum 3. September 2023 die spannenden Aspekte und Strömungen der Kunst in Konstanz zwischen 1965 und 1985. Sie lenkt den Blick auf die eigene Sammlung und wird von wenigen privaten Leihgaben ergänzt. Werke bekannter KünstlerInnen wie Burkhart Beyerle, Tabea Blumenschein, Johannes Dörflinger, Wolfgang Glöckler, Erich Keller, Ulrike Ottinger und Otto Piene werden ebenso präsentiert wie Positionen weniger bekannter KünstlerInnen wie Anna Diederichs, Elisabeth Honold, Peter und Ille Wieczorek(-Bartelt) sowie Werke der für die Kunst-am-Bau der neuen Universität Konstanz tätigen deutschen KünstlerInnen, die es zu entdecken lohnt. Eine Zeitung zum Mitnehmen führt gedanklich zurück in diese zerrissene, stürmische und außergewöhnliche Zeit.