Tempo machen für Inklusion – barrierefrei zum Ziel!
Öffentliche Aktion des Behinderten Beirates Konstanz zum Europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen 2022.
Im Rahmen des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung veranstaltete der Behindertenbeirat der Stadt Konstanz am 6. Mai 2022 eine öffentliche Aktion auf dem Augustinerplatz. Ziel war es, eine sichtbare, erfahrbare Austausch- und Kontaktplattform zwischen Menschen mit und ohne Behinderung zu schaffen. Auf dem Weg zu mehr Inklusion und sozialer Teilhabe benötigt es noch viele gemeinsame Erfahrungen, Verständnis, viele Bekanntschaften und Freundschaften, um die vielen Barrieren stückweise abzubauen, die Teilhabe in der Schule, im Beruf, beim Einkaufen, in der Freizeit, beim Arztbesuch oder der Wohnungssuche behindern.
Im Rahmen des Aktionsnachmittages wurde Menschen ohne Behinderung neben der persönlichen Begegnung auch die Möglichkeit gegeben, sich zu den verschiedenen Behinderungen zu informieren. Beispielsweise waren Besucher eingeladen mit dem Rollstuhl das Areal des Augustinerplatzes, sowie des Rathausinnenhofes neu zu „erfahren“ und so selbst Erfahrungen mit Alltagsbarrieren zu sammeln. Diese Möglichkeit nutzte auch Oberbürgermeister Uli Burchardt bei seinem Besuch. Mit Stephan Grumbt und Roland Benker erkundete er den Rathausinnenhof aus gänzlich neuer Perspektive: „Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben mit einem Rollstuhl gefahren, und dann gleich durch den Innenhof des Rathauses. Eine echte Erfahrung! Respekt für alle, die sich mit einem Taststock, einem Rollstuhl oder anderen Hilfsmitteln durch die Stadt bewegen. Sie haben unser aller tatkräftige Unterstützung mehr als verdient! Die Arbeit des Beirates für Menschen mit Behinderung ist dafür eine unerlässliche Voraussetzung. Wir brauchen für unsere Arbeit euren Rat und eure Hilfe! Danke für eure Arbeit!“, äußerte sich OB Uli Burchardt danach in Social Media zum Aktionstag.
Seit Jahren macht der Behindertenbeirat viele Vorschläge für Veränderungen, aber aus dem Ehrenamt heraus lässt sich diese Mammutaufgabe der Inklusion nicht mit der adäquaten Geschwindigkeit entwickeln. Aufgrund der für die Betroffenen unzufriedenstellenden Verhältnisse und des oftmals mangelnden Bewusstseins sprach Dr. Christoph Zorn, Mitglied des Behindertenbeirates, den OB auf die Notwendigkeit einer hauptamtlichen Vollzeitstelle für den Behindertenbeauftragten des Oberzentrums des Landkreises Konstanz an und fragte, wie dieses Ziel gemeinsam erreicht werden könne.
Hintergrund dafür ist die Tatsache, dass die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sich in Konstanz aus Sicht des Behindertenbeirats nur sehr zögerlich weiterentwickele. Allein aus dem Ehrenamt heraus könne Inklusion nur im Schneckentempo umgesetzt werden. 13 Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention zeige sich immer deutlicher, dass das Tempo der Inklusionsbemühungen deutlich gesteigert werden müsse, um die soziale Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu verwirklichen. Hierfür bedürfe es zwingend guter Strukturen. Angesichts knapper kommunaler Kassen würde es ein kleines Kunststück werden, hier breitere Unterstützung zu erhalten.
„13 Prozent der Bevölkerung sind Menschen mit Schwerbehinderung und verdienen nicht nur die Anerkennung durch die Politik und den Respekt dafür, wie sie sich mit ihrer Behinderung durch die Innenstadt bewegen, sondern auch die strukturelle Unterstützung, um Teilhabe Realität werden zu lassen“, so Dr. Christoph Zorn. Die Ausstattung einer Stadt wie Konstanz mit einem Behindertenbeauftragten im Ehrenamt sei ein erster Schritt. Dem müsse nun ein zweiter folgen.