Update des Krisenstabs Flucht

Starker Zusammenhalt vor Ort: Integration in Konstanz gelingt

Archivbild: Ukrainische Flagge auf der Alten Rheinbrücke

Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 folgte die zweite große Flüchtlingswelle innerhalb von 7 Jahren. Da Geflüchtete aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen müssen und damit nach spätestens sechs Monaten in die Anschlussunterbringung der Kommunen wechseln, blieb der Stadt Konstanz nur wenig Zeit zum schnell erforderlichen Ausbau der Unterkunftskapazitäten. Mittlerweile leben in Konstanz 3.500 geflüchtete Menschen, 1.300 davon aus der Ukraine.

Konstanzer Erfolgskonzept Raumteiler

Eigentlich war der Wohnungsmarkt für die Unterbringung von Obdachlosen und Geflüchteten schon vor 2022 ausgereizt. Doch in Folge des Ukrainekrieges erlebte die Stadtverwaltung im Bereich der Unterbringung eine enorme Hilfsbereitschaft der Konstanzerinnen und Konstanzer. Über den Raumteiler als Vermittlungsstelle boten viele Menschen den Geflüchteten privaten Wohnraum an. Raumteiler ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Bürgeramt, dem Sozial- und Jungendamt und dem Verein „83 Konstanz integriert e.V.“. „Am Anfang hat das Telefon durchgeklingelt. Der Flut an Geflüchteten stand eine Flut an Wohnungsangeboten gegenüber“, berichtet Alfred Kaufmann, Amtsleiter des Sozial- und Jugendamtes. Von Mitte März 2022 bis heute sind durch Raumteiler 467 ukrainische Kriegsflüchtlinge in privaten Wohnraum vermittelt worden. 2/3 der Geflüchteten aus der Ukraine wohnen so selbstversorgt in privaten Wohneinheiten.

Das Raumteiler-Projekt war in Konstanz so erfolgreich, dass die Initiatoren es als Blaupause auch anderen Städten vorstellten und es nun weitere Raumteiler-Initiativen in anderen Städten gibt.

Neben den privaten Wohnraumangeboten war auch die städtische Zusammenarbeit mit der WOBAK und der Bundesimmobilienanstalt BImA von hoher Bedeutung. Innerhalb weniger Monate konnte die Stadtverwaltung ihre eigenen Unterbringungskapazitäten von 520 auf 940 Plätze ausweiten. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Mietverträge mit Privatpersonen in aller Regel befristet sind und deswegen die Zahl der zu Verfügung stehenden Plätze für Geflüchtete schwankt. Aktuell verfügt das Bürgeramt über 840 Unterkunftsplätze, die bis auf wenige Freiplätze vollständig belegt sind. Ab August wird die Gemeinschaftsunterkunft in der Max-Strohmeyer-Straße 57 in Betrieb genommen und sorgt mit 120 weiteren Plätzen erstmal für weitere Entlastung.

Auch der Gemeinderat spielte während dieser Zeit eine wichtige Rolle, indem er das erforderliche Budget und Personal bewilligt hat. Zudem stärkte er der Verwaltung immer wieder den Rücken und brachte ihr viel Vertrauen entgegen.

Infrastruktur für ein gutes Miteinander

Die Flüchtlingswelle stellte die Stadt auch vor weitere Herausforderungen: „Es geht ja nicht nur um die Aufgabe der Unterbringung der Geflüchteten, sondern auch um Integration, den Abbau von Vorurteilen, die Zusammenarbeit mit den Vereinen und allgemein darum, eine Infrastruktur zu schaffen, die ein gutes Füreinander ermöglicht“, so Bürgermeister Dr. Andreas Osner, der den Krisenstab Flucht leitet. Die Zusammenarbeit von Bürgerschaft, Politik und Verwaltung habe dabei sehr gut funktioniert. So sind neben bereits etablierten Vereinen wie beispielsweise „save-me e.V.“ und „Café Mondial“ seit Kriegsausbruch drei neue Vereine entstanden: Ukraine Hilfe Konstanz e.V., Konstanz hilft! e.V. und der Dachverband Interkulturelles Netzwerk Konstanz (INKO). Sie leisten einen unglaublich wichtigen Beitrag für das tatsächliche Ankommen von Geflüchteten. 

Kita-Versorgung nach Gleichbehandlungsgrundsatz

Es ist allgemein bekannt, dass Kita-Plätze in Konstanz rar sind. „Mittlerweile sind bei den fehlenden Kitaplätzen der Fachkräftemangel das größere Problem als der Mangel an Gebäuden“, sagt Alfred Kaufmann. Bei der Verteilung der begehrten Plätze gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz: Kinder von deutschen Familien werden bei der Vergabe genauso behandelt, wie Kinder von geflüchteten Familien. Bei den Kindern über 3 Jahren richtet sich die Reihenfolge der Platzvergabe nach dem Alter des Kindes. Wer bereits 4 Jahre ist, bekommt den Platz vor einem Kind mit 3 ½ Jahren – und das unabhängig von der Nationalität. Zur weiteren Entlastung der Situation bringen sich aktuell 16 ukrainische Frauen bei der Betreuung von Spielgruppen und in der Kinderbetreuung ein. Einige von ihnen machen nun eine Ausbildung zur Erzieherin oder nehmen an einem Anerkennungsverfahren teil, damit die bestehende ukrainische Ausbildung auch in Deutschland anerkannt wird.

Wie ist denn nun das Miteinander in Konstanz? „Ich kann nur von positiver Resonanz berichten“, sagt Dr. David Tchakoura, Leiter der Stabstelle Konstanz International. „Auch die ukrainischen Geflüchteten, die anfangs häufig noch unter sich geblieben sind, öffnen sich und werden immer mehr Teil der Gesellschaft.“ So wurde beispielsweise das neu entstandene „Café Ukraine“ inzwischen in „Café international“ umbenannt. Die Botschaft: alle sind willkommen! Tchakoura ist aber durchaus auch bewusst, dass es zum Beispiel an den Schulen schon auch mal zu Konflikten kommt: „Das bleibt nicht aus.“ Trotzdem ist der Zusammenhalt in Konstanz stark. Das zeigte für ihn unter anderem die Demonstration im Januar 2024, als 14.000 Menschen in Konstanz gegen Rechtsextremismus demonstrierten. 

Und die Bleibeperspektive?

Das Aufenthaltsrecht für Geflüchtete wird von Bundes- bzw. Europarecht vorgegeben. Kommunen haben darauf keinen Einfluss. Auch dieses Jahr wurde die Aufenthaltserlaubnis für Ukrainerinnen und Ukrainer um ein weiteres Jahr bis März 2025 verlängert. Wie es danach weiter geht, hängt von der Lage in der Ukraine ab. Zudem gibt es die Möglichkeit, durch eine Ausbildung, ein Studium oder durch eine Beschäftigung als Fachkraft in bestimmten Berufen, beispielsweise in der Pflege oder im Handwerk, eine Aufenthaltserlaubnis für längere Zeit zu erlangen, erläutert Filip Bebic, der die Konstanzer Ausländerbehörde leitet.

Prognose

Da der Krieg in der Ukraine andauert und auch aus anderen Ländern Geflüchtete in Deutschland Schutz suchen, geht die Stadt im Verlauf des Jahres 2024 mit der Aufnahme von weiteren 200 bis 250 Geflüchteten aus. Zum Vergleich: 2023 wurden 240 neue Geflüchtete aufgenommen. „Ohne die Inbetriebnahme der Unterkunft in der Max-Strohmeyer-Straße ab August 2024 könnten wir unsere Quote nicht mehr erfüllen“, hält Bettina Parschat, Leiterin des Bürgeramts, fest. Die Stadtverwaltung mietet darüber hinaus für die weitere Unterbringung von Geflüchteten auch künftig geeignete Gebäude an, die ihr zu einem vernünftigen Preis angeboten werden.

(Erstellt am 20. August 2024 16:08 Uhr / geändert am 26. August 2024 08:19 Uhr)