Diagnostik-Branche blickt in die Zukunft

D-Konstanz | Rund 150 Expertinnen und Experten aus 11 Ländern kamen auf Einladung des Gesundheitsnetzwerks BioLAGO bei der sechsten Auflage der „Diagnostics-4-Future Conference“ in Konstanz zusammen. Fachleute aus Medizin, Industrie und Forschung diskutierten aktuelle Trends und Fragen sowie brandneue Produkte in der Diagnostik. Im Fokus stand unter anderem der Selbsttest für Zuhause, Künstliche Intelligenz zur Erkennung von Krankheiten sowie regulatorische Herausforderungen für Hersteller. Abgerundet wurde die Konferenz durch eine Messe mit Ausstellenden aus Europa und Asien.

Teilnehmer der Diagnostics - 4 - Future Conference an Stehtischen
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Die diagnostischen Fächer wie Labormedizin und Pathologie sind Innovationstreiber in der Patientenversorgung und unterstützen mehrheitlich die Entscheidungen der klinisch tätigen Ärzte. Regulatorische Hürden, steigende Kosten und rückläufige Vergütungen stehen dem als Herausforderungen entgegen. Wie können bestehende sowie zukünftige Diagnoseverfahren für Patientinnen und Patienten und das Gesundheitssystem trotzdem bezahlbar bleiben? Mit dieser Frage und weiteren Themen aus der Diagnostikbranche beschäftige sich die diesjährige „Diagnostics-4-Future Conference“ in Konstanz. An zwei Tagen stellten Diagnostik- und Gesundheitsfachleute sowie Labormediziner*innen die diagnostischen Herausforderungen im Labor und Klinikalltag vor und diskutierten diese mit Industrie und Forschung, um die Entwicklung neuer Methoden zu ermöglichen.

Bessere und schnellere Diagnostik: Kostendruck und Regularien hemmen Innovationen
Ein Thema, das die Branche nach wie vor besonders beschäftigt, ist der wachsende Kostendruck, der unter anderem auf neue gesetzliche Auflagen zurückzuführen ist. In einer angeregten Podiumsdiskussion beschäftigten sich Hersteller und Anwender von Diagnostik-Tests, Regulatorik-Experten sowie Vertreter aus Politik und Krankenversicherung mit der Frage, wie Unternehmen trotzdem innovative, zum Teil KI-gestützte Tests zur Anwendung bringen und deren Finanzierung sichern können. Bastian Hennig vom Branchenführer Roche Diagnostics Deutschland schilderte die Hürden anhand des Beispiels einer revolutionären Therapie zur Behandlung von Alzheimer, die bald zugelassen wird. Weder auf diese Therapie noch auf die erforderliche begleitende Diagnostik ist das deutsche Gesundheitssystem vorbereitet. Laut Hennig mache die Dokumentation einen Großteil des Arbeitsaufwands in der Entwicklung solcher neuen Methoden und Technologien aus. Kritisch sahen die Experten auf dem Podium die lange Dauer von der Entwicklung bis zur Anwendung und Abrechenbarkeit neuer Tests und Methoden. Dieser Prozess müsse beschleunigt werden, wenn europäische Unternehmen in Zukunft gegen die Konkurrenz durch US-Giganten wie Google Health bestehen wollen.

Selbsttest am Küchentisch statt Diagnostik im Labor?
Ein Trend, der bei der Konferenz im Fokus stand, ist die patientennahe Diagnostik (Point of Care, POC), also die Durchführung diagnostischer Tests direkt beim Hausarzt statt in einem medizinischen Zentrallabor oder die Selbsttestung zuhause. Vor-Ort-Tests sind einfach zu handhaben, liefern schnelle Ergebnisse und sparen Kosten ein, da sie die Zahl von Arzt- oder Klinikbesuchen reduzieren können. Entscheidend sei dabei aber auch die Begleitung der Patient*innen durch ihre Ärztin/ ihren Arzt, um Ergebnisse richtig einzuordnen. Es sind zwar zahlreiche Tests verfügbar, doch kommen bisher nur wenige von Ihnen zum breiten Einsatz, wie die aktuelle Studie „POCT ambulant“ des Infectognostics Forschungscampus in Zusammenarbeit mit der Uniklinik Jena ergab. Mögliche Ursachen dafür seien sowohl regulatorische und finanzielle Faktoren wie auch eine fehlende Integrierbarkeit in den Praxisalltag oder ein zu geringer medizinischer Vorteil gegenüber einem Labortest, schilderten die Redner.

Gemeinsam neue Ideen entwickeln
Die Konferenz bot den Fachleuten viel Gelegenheit zum persönlichen Austausch. Zum Auftakt gab es organisierte 1:1-Gespräche, bei denen sich die Teilnehmenden kennenlernen und über mögliche Kooperationen sprechen konnten. Zwischen den Vorträgen präsentierten Ausstellende ihre Produkte, Technologien und Dienstleistungen für die Diagnostik. Der Pitch-Wettbewerb bot fünf Teilnehmenden die Gelegenheit, ihre kreativen Ideen für bessere Diagnostiklösungen dem Publikum vorzustellen, um Kooperationspartner, Interessenten oder Unterstützer zu finden. Zusätzlich hatten die Teilnehmenden in diesem Jahr die Gelegenheit, sich vor Ort zu Fragen aus dem Bereich Regulatorik und Patentschutz beraten zu lassen.
„Die Zukunft der Diagnostik liegt in personalisierten, individuellen Lösungen durch die Kombination patientennaher Diagnostik und neuer, innovativer Testverfahren gepaart mit KI“, fasst Oliver Nolte, Vorstandsmitglied von BioLAGO und Leiter des Departments Diagnostik am Institut für Medizinische Mikrobiologie an der Universität Zürich zusammen. „Die Konferenz hat sich als wichtige Plattform der internationalen Diagnostik-Branche etabliert und liefert einen Beitrag, um neue Lösungen in die Gesundheitsversorgung zu transferieren“, ergänzt Oliver Nolte. An diesem Konzept möchte BioLAGO festhalten, die Vorbereitungen für die kommende Konferenz im Herbst 2025 laufen bereits. Zu den unterstützenden Industriepartnern gehörten in diesem Jahr das Johner Institut, die ETO Gruppe, Curida Diatec AS und das Zentrum für Labormedizin St. Gallen.

Save-the-date: 7. Diagnostics-4-Future Conference 2025 - 07.-08.10.2025

(Erstellt am 28. November 2024 09:26 Uhr / geändert am 28. November 2024 09:29 Uhr)