Höchste Anerkennung für Erinnerungsarbeit

Katrin Brüggemann hat den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen bekommen.

Zwei Frauen halten eine Urkunde in die Kamera
Ministerin Theresa Schopper (links) überreicht Katrin Brüggemann das Bundesverdienstkreuz.

Über die höchste Ehrung der Bundesrepublik Deutschland kann sich Katrin Brüggemann freuen: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Konstanzerin als Hauptinitiatorin der „Initiative Stolpersteine für Konstanz – Gegen Vergessen und Intoleranz“ und der damit verbundenen Aufarbeitung von Biografien der Opfer des Nationalsozialismus mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Vergangene Woche hat Ministerin Theresa Schopper Katrin Brüggemann im Beisein der Grünen-Landtagsabgeordneten Nese Erikli und des Bürgermeisters Dr. Andreas Osner das Verdienstkreuz am Bande überreicht.
 
„Es ist mir eine Freude, Sie für Ihren großen Einsatz auszuzeichnen, die Erinnerung an die Verfolgten des Nazi-Regimes wachzuhalten. Gerade in diesen Zeiten sehen wir, wohin Geschichtsvergessenheit führen kann, wenn Putin seinen Angriffskrieg mit der ‚Entnazifizierung‘ der Ukraine begründet“, sagte Ministerin Theresa Schopper. Nach über 80 Jahren gebe es nur noch wenige Zeitzeugen. Neue Methoden gegen das Vergessen seien deshalb notwendig. „Mit den Stolpersteinen erinnert man sich an die Menschen, die aus unserer Mitte gerissen wurden“, erklärte die Ministerin. Sie dankte Katrin Brüggemann für die vielen Jahre bürgerschaftlichen Engagements und würdigte ihre Beharrlichkeit und ihr Geschick, die Biografien der Verfolgten des Nationalsozialismus – Juden, politisch und religiös Verfolgte, Euthanasieopfer, Deserteure, Sinti/Roma und Homosexuelle – nachzuzeichnen und ihnen dadurch ihre Identität und Würde zurückzugeben.
 
Bürgermeister Osner betonte, dass sich Katrin Brüggemanns Engagement auch in der Gegenwart fortsetze. Aus den Kontakten zu Angehörigen der Nazi-Opfer ging u.a. eine von der deutschen Botschaft in Argentinien geförderte und von der Initiative erarbeitete zweisprachige Ausstellung in Buenos Aires hervor, die u.a. vom ehemaligen Außenminister Maas besucht wurde. Darüber hinaus gehört Katrin Brüggemann zu den Gründern der Konstanzer Gruppe der Initiative „Seebrücke – schafft sichere Häfen“. Seit Oktober 2018 ist Konstanz, nach Zustimmung des Gemeinderates, ein „Sicherer Hafen“. Die Initiative von Prof. Dr. Wiehn, der gemeinsam mit Dr. Schluroff und Prof. Dr. Assmann den Antrag stellte, Katrin Brüggemann mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland auszuzeichnen, sei von der Stadt Konstanz vorbehaltlos unterstützt worden, so Osner. „Das bürgerschaftliche Engagement von Frau Brüggemann verdient größten Respekt und höchste Anerkennung.“ Prof. Wiehn würdigte in seiner Laudatio Katrin Brüggemann für ihren wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur. Neben einer umfangreichen Webseite, Vorträgen, Stolpersteinverlegungen, Schülerprojekten und Führungen gestaltet die Initiative auch regelmäßigen Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht, zum Holocaust-Gedenktag, und zum 22. Oktober, dem Tag, an dem die badischen und pfälzischen Juden deportiert wurden.
 
Katrin Brüggemann bedankte sich herzlich für die Ehrung, die sie auch im Namen ihrer Mitstreiter der „Initiative Stolpersteine für Konstanz - Gegen Vergessen und Intoleranz“ in Empfang nahm. Ebenso dankte sie der Stadt Konstanz für die große Unterstützung und den Antragstellern für ihre Fürsprache. „Warum Menschen anderen Menschen so ungeheuerliche Dinge zufügen, beschäftigt mich seit meiner Jugend“, erklärte die Konstanzerin. Über ihre Arbeit in „Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ sei der Kontakt zu Künstler Gunter Demnig geknüpft worden, der die Idee zu den Stolpersteinen hatte.
 
2006 wurden die ersten Stolpersteine in Konstanz verlegt. Seitdem erinnern weitere 257 Stolpersteine in Konstanz und drei Stolpersteine in Kreuzlingen und Tägerwilen an die Verfolgten des Nazi-Regimes. „Unsere Initiative ist zur Anlaufstelle für Angehörige und für Interessierte an lokalhistorischer Bildungsarbeit geworden“, sagte Katrin Brüggemann. Ausdrücklich dankte sie neben ihrer Familie, Freunden und Kollegen auch ihrer Mitstreiterin Petra Quintini, mit der sie 2019 eine Projektgruppe aus mehreren Konstanzer Schulen leitete, die zur Schaffung eines Mahnmals am Bahnhof Petershausen führte. Es erinnert an die 112 Konstanzer Juden und Jüdinnen, die von hier aus ins französische Lager in Gurs deportiert wurden und von denen die Mehrzahl ab 1942 in Vernichtungslagern im Osten transportiert und dort ermordet wurden.
Mehr zur Initiative Stolpersteine: http://stolpersteine-konstanz.de

Ein Personengruppe steht vor einer Hauswand, davon halten zwei Frauen eine Urkunde in die Kamera
Prof. Dr. Erhard Roy Wiehn, Ministerin Theresa Schopper, Katrin Brüggemann, Bürgermeister Andreas Osner, Grünen-Landtagsabgeordnete Nese Erikli (v.l.).
(Erstellt am 17. Mai 2022 14:48 Uhr / geändert am 19. Mai 2022 02:00 Uhr)