HTWG-Solarboot zieht in die Hauptstadt um
Vor 35 Jahren wurde in Konstanz die Korona als erstes Boot weltweit mit Solarantrieb entwickelt. Nun hat sie ihre letzte Fahrt unternommen - ins Deutsche Technikmuseum in Berlin.
Vor 35 Jahren wurde in Konstanz die Korona als erstes Boot weltweit mit Solarantrieb entwickelt. Nun hat sie ihre letzte Fahrt ins Deutsche Technikmuseum in Berlin unternommen – und aktuell im Depot angelegt.
Sie sorgte in den 1980er-Jahren weltweit für Schlagzeilen: Als die KORONA (mit K!) 1988 am Konstanzer Seerhein zu Wasser gelassen wurde, war sie das erste Boot, dessen System vollständig mit Solarenergie angetrieben und ingenieursmäßig optimiert wurde. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ kam zu einer Rundfahrt mit ihr an die Hochschule, internationale Presse berichtete, ihr „Vater“ Prof. Dr. Christian Schaffrin stellte sie 1989 auf dem Welt-Solarkongress in Japan vor. Das Boot hat Geschichte geschrieben. In Zukunft soll diese Geschichte im Deutschen Technikmuseum in Berlin präsentiert werden. Die Korona hat dort ihren Altersruhesitz gefunden.
Prof. Dr. Christian Schaffrin freut sich sehr darüber, dass die Option besteht, das 7,2 Meter lange und 2,2 Meter breite Boot den Besuchern des Museums eines Tages in voller Größe präsentieren zu können. Die Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin vereint mit dem Deutschen Technikmuseum und dem Science Center Spectrum zwei technikgeschichtliche Einrichtungen in der Hauptstadt. Das Museum und das Spectrum haben zusammen jährlich über 600.000 Besucher. „Das Museum ist absolut sehenswert, es verfügt über die größte Schiffssammlung, die ich je gesehen habe“, schwärmt Schaffrin. Sie zeige die Entwicklung des Schiffbaus vom Einbaum ab in Modellen und realen Fahrzeugen. Besonders gefällt ihm der Ansatz des Museums, die Ausstellungsgegenstände im Gebrauchszustand zu zeigen, „und auch die Korona ist ja ein Ausstellungsstück, das noch lebt“, erläutert Schaffrin. Denn fahrtüchtig ist die Korona mit ihren neun Quadratmetern Solarzellen weiterhin. Das bewies sie direkt nach ihrer Ankunft in der Hauptstadt. Auf dem Tegeler See starteten sie mit Vertretern des Deutschen Technikmuseums zur Rundfahrt.
Was macht die Korona museumswürdig? „Die Korona zeigt, wie Technik zur entscheidenden Triebkraft für den Umweltschutz werden kann. Sie ist eine Pionierin der Nutzung von Solarenergie in der Schifffahrt und damit ein wertvoller Neuzugang für unsere Sammlung. In Zukunft wollen wir uns im Deutschen Technikmuseum noch stärker den drängenden Zukunftsthemen wie Umweltschutz, Klimawandel, Energiewende und nachhaltige Mobilität widmen – und der Rolle, die Technik dabei spielt. Die Korona ist daher bei uns genau richtig aufgehoben“, sagt Joachim Breuninger, Direktor des Museums.
„Wir konnten mit dem Boot die Idee der nachhaltigen Energieversorgung von Fahrzeugen anstoßen und über den Bootsbetrieb hinaus forcieren“, sagt Schaffrin im Rückblick. Auf zahlreichen Bootsmessen war die Korona ein Hingucker. An der HTWG selbst wurde das Konzept stetig weiterentwickelt und optimiert. Schließlich gäbe es auch das Hybridboot Solgenia, das sowohl mit Solarenergie wie Methanol-Brennstoffzellen angetrieben wird und als schwimmendes Labor u.a. für autonome Navigation dient, nicht.
„Praxistaugliche Lösungen für eine nachhaltige und emissionsarme Zukunft sind heute mehr denn je gefragt. Dies wird derzeit auch bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow sehr deutlich. Die HTWG beschäftigt sich schon seit mehr als 30 Jahren mit regenerativen Energiesystemen, wie man an der Geschichte der Korona eindrucksvoll sieht. Nachhaltigkeit ist bei uns an der HTWG ein zentrales Thema der Lehre und der Forschung. Als Hochschule für angewandte Wissenschaften ist dabei auch immer der Praxis- und Anwendungsbezug von Bedeutung“, sagt Prof. Dr. Gunnar Schubert, Vizepräsident Forschung, Transfer und Nachhaltigkeit der HTWG.
Rund 40 studentische Studien- und Diplomarbeiten sind zur Korona verfasst worden. Prof. Schaffrin hat diese sowie den kompletten Werdegang des Bootes von der Idee 1986 an dokumentiert. „Alle Protokolle sind vorhanden, alle Faxe, das meiste noch auf Papier“, sagt er schmunzelnd. Das umfassende Archiv war für das Deutsche Technikmuseum ein zusätzlicher Reiz, das Boot in die Sammlung aufzunehmen.
Wann die Korona tatsächlich ausgestellt sein wird, ist noch unklar. Zunächst bleibt sie im Depot, wo ihr Schimmelpilzbefall behandelt wird. Vielleicht wird ihr sogar die besondere Ehre zuteil, die Besucher in unmittelbarer Nähe des Empfangs begrüßen zu können. Derzeit hat das Deutsche Technikmuseum einen Architektenwettbewerb für ein neues, zentrales Eingangsgebäude ausgeschrieben. Es bestünde daher die Möglichkeit, die Korona als Blickfang im Eingangsbereich zu platzieren.
Wie empfinden die Wegbegleiter den Umzug ihres Schützlings? Prof. Schaffrin gönnt ihr den prominenten Altersruhesitz: „Ich weiß sie in guten Händen“, sagt er. Dennoch: Nicht alles, was an die Korona erinnert, ist nach Berlin umgezogen: Die Vitrine mit den Siegerpokalen, die die Korona bei Solarbootrennen eingefahren hat, ist an der Hochschule geblieben.
Der Name Korona
Der Name Korona wurde aus zwei Gründen ausgewählt: Korona bezeichnet die Zone der Sonne, von der die Strahlung ausgeht und in den Weltraum abgeht. Und der zweite Grund: Korona enthält die beiden Buchstaben KN - nicht nur bei Autos, sondern auch bei Schiffen das Kürzel für den Herkunftsort.
Weitere Informationen zur Entwicklungsgeschichte der KORONA: https://www.htwg-konstanz.de/hochschule/magazin/eine-pionierin-wird-dreissig/