Bundesverwaltungsgericht weist Revision zurück
Keine zwingende Ausnahme von der Motorradhelmpflicht für Turban tragenden Sikh
Das Bundesverwaltungsgericht verhandelte am Donnerstag, 04.07.2019, über eine Befreiung von der Helmpflicht für Motorradfahrer aus religiösen Gründen. Geklagt hatte ein in Konstanz wohnhafter Deutscher, der der Religion der Sikhs angehört. Aus religiösen Gründen sei er verpflichtet, in der Öffentlichkeit stets einen Turban zu tragen. Weil er nicht gleichzeitig Turban und Motorradhelm tragen könne, beantragte er eine Befreiung von der Schutzhelmpflicht, um mit Turban Motorrad fahren zu können.
Die Stadt Konstanz als Straßenverkehrsbehörde lehnte den Antrag des Klägers ab, da nach der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (StVO) Ausnahmen von der Helmpflicht nur aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden können. Nach Auffassung der Behörde seien religiöse Motive unzureichend. Die Helmpflicht bezwecke nämlich nicht nur den Schutz des Motorradfahrers, sondern auch den Schutz der Allgemeinheit vor den weitreichenden Folgen, die aus Unfällen mit schweren oder gar tödlichen Kopfverletzungen entstehen können. Bleibe der Fahrer dank seines Helms bei Bewusstsein, sei er nach einem Unfall zudem eher in der Lage, die Unfallstelle zu sichern, Ersthilfe zu leisten und Rettungskräfte herbeizurufen. Die Helmpflicht liege daher auch im öffentlichen Interesse.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Klage gegen die Entscheidung der Stadt Konstanz abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim entschieden, dass das Grundrecht auf Religionsfreiheit einem Turban tragenden Sikh keinen Anspruch darauf gebe, von der Schutzhelmpflicht befreit zu werden. Die Glaubensfreiheit kollidiere mit dem Grundrecht anderer Unfallbeteiligter auf physische und psychische Unversehrtheit. Ob die Ausnahmegenehmigung aus religiösen Gründen erteilt wird, entscheide die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen. Dieses Ermessen sei im Fall des Klägers auch nicht „auf Null reduziert“. Allerdings habe die Stadt Konstanz ihr Ermessen bislang noch nicht fehlerfrei ausgeübt. Sie wurde daher vom Verwaltungsgerichtshof verpflichtet, über den Antrag des Klägers erneut zu entscheiden und dabei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
Gegen dieses Urteil legte der Kläger Revision ein, über die nun das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden hatte. In seinem aktuellen Urteil wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück. Damit bleibt es beim Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim, wonach die Stadt Konstanz als Straßenverkehrsbehörde über den Antrag des Klägers neu unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden hat.