Raumteiler Dankesfest
Ein Zuhause finden und Wurzeln schlagen
Ohne ein Zuhause ist das Ankommen in einer Gesellschaft schwierig. KonstanzerInnen, die ohne Hilfe keine Wohnung finden, wie z.B. Geflüchtete oder Menschen in prekären Wohnsituationen, hilft das Projekt „Raumteiler Konstanz“ wieder eine Bleibe zu finden, indem privater Wohnraum aktiviert wird. Es ist ein gemeinsames Programm des Sozial- und Jugendamts, des Bürgeramts und des Vereins „83 integriert“, das darauf basiert, VermieterInnen mit passenden MieterInnen zusammenzubringen. Der Vorteil für VermieterInnen besteht dabei in einer sicheren und nach Möglichkeit langfristigen Vermietung. Und Geflüchtete, Wohnungs- und Obdachlose erhalten Hilfe, auf dem engen Konstanzer Wohnungsmarkt eine Unterkunft und damit eine neue Perspektive zu finden.
Mit einem Dankesabend voller Musik, Vorführungen und spannenden Begegnungen im voll besetzten Wolkensteinsaal im Kulturzentrum würdigten Bürgermeister Dr. Andreas Osner und das Raumteiler-Team das Engagement der VermieterInnen, UnterstützerInnen und KooperationspartnerInnen. Der Konstanzer Musiker und Moderator Tobias Bücklein führte durch den Abend.
Ein neues Zuhause für 739 Menschen
Bürgermeister Dr. Andreas Osner begrüßte die rund 160 BesucherInnen am vergangenen Freitagabend (1. März 2024). Ukraine- und Gazakrieg, der Wahlausgang in den USA, die Gefährdung der Demokratie – diese Krisen haben auch Auswirkungen auf die Stadt und die Konstanzer Verwaltung. „Es macht uns jedoch umso entschlossener, als Kommune den Menschen zu helfen und Konstanz als Gemeinschaft zu stärken,“ so Osner. Mutmachende Beispiele seien nicht nur die großen Demonstrationen für die Demokratie der letzten Wochen, sondern auch die Erfolge eines Projekts wie „Raumteiler Konstanz“. 2023 sind dadurch 127 Menschen in einen Wohnraum vermittelt worden, darunter 45 Kinder. Seit 2015 haben insgesamt 739 Menschen ein Zuhause gefunden. Bürgermeister Dr. Andreas Osner bedankte sich besonders bei den VermieterInnen, die „ihre Türen und Herzen“ geöffnet und bei der Verwaltung, die unkompliziert nicht nur untereinander, sondern auch mit dem Verein „83 integriert“ kooperiert hätten. „Was hier über alle Zuständigkeiten hinweg zusammen geschafft wurde, ist außergewöhnlich.“ Auch die Unterstützung durch den Gemeinderat sei ein wichtiger Faktor für den Erfolg von „Raumteiler Konstanz“.
Wohnen ist ein Menschenrecht
Alfred Kaufmann, Leiter des Sozial- und Jugendamts, und Bettina Parschat von der Abteilung für Öffentliche Sicherheit und Gewerbewesen, berichteten anschließend von ihren Aufgaben. „Wohnen ist für einige keine Selbstverständlichkeit“, gab Alfred Kaufmann zu bedenken. Gerade wer begrenzte Mittel zur Verfügung habe, habe es in Konstanz schwer. Wohnen sei ein Menschenrecht und eine Brücke zurück in die Gesellschaft. Das Sozial- und Jugendamt berate und helfe Betroffenen dabei, sich in der Kommune zu etablieren. Bettina Parschat, die für die ordnungsrechtliche Unterbringung von wohnungslosen Menschen oder Menschen, die sich nicht selbst mit Wohnraum versorgen können, sowie die Anschlussunterbringung Geflüchteter verantwortlich ist, betreut mit ihrem Team aktuell 1.200 Menschen. Der Großteil davon seien Geflüchtete, aber auch andere Gründe spielen für eine Wohnungslosigkeit eine Rolle, führte Parschat aus. So habe zum Beispiel eine Frau, die von ihrem Mann bedroht wurde, durch „Raumteiler“ mit ihrem Kind ein Zuhause auf Zeit gefunden.
Dass von „Raumteiler“ VermieterInnen wie MieterInnen profitieren, zeigten eindrücklich die Statements im Kurzfilm, den Till Hastreiter, einer der MitinitiatorInnen von „Raumteiler“ und Filmemacher, präsentierte. So schätzte Herr Ladisch, der an eine ukrainische Familie vermietet, besonders die seriöse Begleitung durch das Raumteiler-Team, während die Familie aus dem zerstörten Bachmut mit der neuen Wohnsituation neue Kraft schöpfen, sich hier zu integrieren und den behinderten Sohn zu versorgen. Live zugegen war Frau Günther aus Balingen. Sie hat ihre Wohnung in Wallhausen an die ukrainische Familie Chynko vermietet. „Ich bewundere, was hier geschaffen wurde, das berührt mich sehr“, erklärte Frau Günther sichtlich bewegt. „Unsere freundschaftliche Beziehung ist uns sehr wichtig geworden,“ ergänzte Herr Chynko. Wie sehr ein Zusammenleben das Ankommen in der Fremde fördere, unterstrich auch Frau Helin Ibrahim, die aus Syrien geflüchtet war. Die ausgebildete Pädagogin arbeitet in Konstanz als Erzieherin.
Förderung für Beratung zu Umbau
„Unser Ziel war von Anfang an, grundsätzlich darüber nachzudenken, wie man die Stadtraum und den Wohnraum in Konstanz teilen kann“, erklärte Till Hastreiter. Denn ohne den Zuzug junger Familien und von Arbeitskräften fehlen der Kommune Einnahmen und Zukunftsperspektiven. Ein Weg, Wohnraum zu schaffen, könne der Umbau von Wohnungen oder Häusern sein. Wie das aussehen kann, zeigte Hastreiters Film über Marina Vogl, die aus 140 qm und einer Garage zwei Wohnungen schaffte. Ein Beispiel, das Schule machen soll. Dafür bietet das Land Baden-Württemberg ab sofort ein Förderprogramm an. Interessenten können sich von ArchitektInnen beraten lassen und Ideen für einen Umbau entwickeln. Die Kosten für die Erstberatung wird durch unkomplizierte Beantragung über das Raumteiler-Team vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen übernommen.
Musikalisch umrahmt wurde der Dankesabend durch den ukrainischen Frauenchor „Perlyna“ unter Leitung von Olena Rozhkova, dem 1. Solocellisten der Südwestdeutschen Philharmonie, Eldar Saparayev, gemeinsam mit Tobias Bücklein (Klavier), und Nadin Andrianova und Georg Michael Grau (Violine und Klavier). Für einen tänzerischen Höhepunkt sorgte die Konstanzer Tanzschule Dance4you. Bei einem Buffet im Foyer des Kulturzentrums klang der Abend entspannt aus.