Sicher über den See fahren

Das sind wir: Die Stadtverwaltung Konstanz stellt sich vor

Am sogenannten Rettungs-Davit, dem Überbordkran, wird die Trage eingehängt, um Menschen aus dem Wasser zu bergen. Matthias Ihde probt mit seiner Mannschaft regelmäßig Rettungsmanöver, um bei Bedarf sofort eingreifen zu können.

Von seinem Arbeitsplatz aus liegt ihm der Bodensee zu Füßen: Matthias Ihde ist Schiffsführer auf der Fähre Konstanz-Meersburg.

Matthias Ihde macht dem Sprichwort „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“ alle Ehre. Sein Vater arbeitet als Katamaran-Schiffsführer, seit 2013 ist Ihde selbst Schiffsführer auf der Fähre Konstanz-Meersburg. Das macht den damals 26-Jährigen zum jüngsten Fähre-Schiffsführer aller Zeiten. „Ich bin am Wasser groß geworden. Es ist wie ein Magnet für mich, deshalb habe ich auch einen Beruf auf dem Wasser ausgewählt“, erklärt Matthias Ihde. Der Weg des Konstanzers verlief dementsprechend geradlinig auf seinen Traumjob zu. Schon als Kind engagiert sich Ihde im Wassersportverein, tritt mit 10 Jahren in die Marinejugend ein. Mit 14 Jahren macht er den Segelschein, der Motorbootführerschein folgt mit 18. Nach der Realschule absolviert Ihde eine Ausbildung zum Metallbauer, ein Handwerk, das ihm heute gute Dienste in der betriebseigenen Werkstatt leistet.

2006 heuert der 19-Jährige zunächst als Saisonkraft auf der Fähre an und beginnt im September die dreijährige Ausbildung zum Binnenschiffer bei den Konstanzer Stadtwerken. Fächer wie Schiffsbetriebslehre, Verkehrsrecht usw. stehen auf dem Programm beim Schiffer-Berufskolleg RHEIN in Duisburg in Form eines dreimonatigen Schulblocks. „Die Ausbildung absolvierte ich zu 50 Prozent im Fährbetrieb und zu 50 Prozent bei den Bodensee-Schiffsbetrieben. So konnte ich beide Unternehmen kennenlernen. Da ich mich auf der Fähre besonders wohl fühlte, entschied ich mich, dort zu bleiben. Außerdem war hier die Stelle des Steuermanns frei. Damit konnte ich schneller mein Ziel verfolgen, Schiffsführer zu werden“, erzählt Matthias Ihde.

Drei Jahre lang sammelt Ihde Fahrstunden, um auf die vorgeschriebenen 270 Fahrtage zu kommen. Zur Vorbereitung auf die Prüfungen absolviert er zusätzlich einen achtwöchigen Patentlehrgang in Friedrichshafen, bei dem sich die Schiffsführer-Anwärter der Stadtwerke und BSB unter Leitung von Thomas Geiger unter anderem mit Revierkunde, Navigation, Schiffsmannschaft und der Bodensee-Schifffahrts-Ordnung beschäftigen. „Schiffe sind komplex, es geht viel um Sicherheit. Unser nautischer Inspektor Oliver Hermann hat uns bei der Fahrtechnik den letzten Schliff gegeben und viele Manöverfahrten mit uns gemacht, die bei der Prüfung drankamen, wie zum Beispiel ‚Mensch über Bord‘.“ Gerade bei diesem Rettungsmanöver kommt es auf das Zusammenspiel der Mannschaft an. „Als Schiffsführer drehe ich im Notfall bei, Maschinist und Kassierer müssen die entsprechenden Sicherheitsmittel beibringen wie Trage, Überbordleiter, Bootshaken und die Eigensicherung mit Rettungsweste nicht vergessen“, berichtet Matthias Ihde.

Mindestens zwei Mal im Jahr finden Rollenübungen statt zu Situationen wie Mensch über Bord, Brandbekämpfung, Leckage und Ankern sowie Seenot. „Jede Mannschaft wird vom Schiffsführer gecoacht und auch die Saisonkräfte werden geschult. Erst wenn es sitzt, geben wir die Einsatzfreigabe“, erklärt Matthias Ihde. „Sicherheit ist die erste Priorität. Als Schiffsführer bin ich verantwortlich für das Schiff, die Crew und Fahrgäste.“ Seinen Dienst beginnt er deshalb regelmäßig mit einem Sicherheitscheck der Rettungsmittel und der Überprüfung der Funktionstüchtigkeit des Schiffs. Bisher musste Ihde nur einmal beidrehen, als einem Sportbootfahrer das Benzin ausgegangen war. „Er wollte auf sich aufmerksam machen, aber Hilfe war schon organisiert.“

An seine erste Solo-Fahrt 2013 als Schiffsführer kann sich der Konstanzer noch gut erinnern. „Ich hatte die Spätschicht als Maschinist angetreten, als nach zwei Stunden die Anfrage kam, ob ich für einen Kollegen einspringen könnte. Da wurde ich sozusagen ins kalte Wasser geschmissen, aber nervös war ich nicht. Ich hatte eine anspruchsvolle Ausbildung und Prüfung hinter mir, und sagte mir, ‚Was soll da schon schief gehen‘. Und es hat alles funktioniert“, erzählt Matthias Ihde schmunzelnd.

Das intensive Training und die tägliche Routine geben ihm auch bei schwierigen Bedingungen wie Nebelfahrten die nötige Sicherheit, oder wenn Freizeit-Kapitäne und Stand-Up-Paddler unverhofft den Weg der Fähre kreuzen.

Die Aufgaben eines Schiffsführers bestehen jedoch nicht nur im Steuern der Fähre. Beim Anlegen hilft Ihde seinen Kollegen beim Ent- und wieder Beladen der Fähre, winkt Autos an ihre Position und beantwortet die Fragen der Fahrgäste zu Tarifen und Preisen oder Ausflugsmöglichkeiten. Außerdem arbeitet er in der Werkstatt. Vier bis acht Tage im Monat beschäftigt sich Ihde zum Beispiel mit Schweißarbeiten oder führt den Kundendienst am Hilfsdiesel durch. Hinzu kommen Schiffsreinigung und Ausbesserungsarbeiten. „Die Flotte soll für den Saisonstart 1 a dastehen“, erklärt er stolz.

Oft wird der Konstanzer gefragt, ob ihm das Fahren von Konstanz nach Meersburg und zurück nicht langweilig wird. „Überhaupt nicht. Jede Viertelstunde wechseln die Fahrgäste mit ihren Fragen, man nimmt an ihren Erlebnissen teil. Bei jeder Fahrt muss man auch immer auf die richtige Beladung achten, das Wetter ändert sich, ebenso wie der Verkehr auf dem Wasser“, zählt Ihde auf. Am liebsten sind ihm die Frühschichten, wenn er um halb fünf Uhr früh anfängt. „Ich genieße dann die besonderen See-Stimmungen. Der Job macht sehr viel Spaß, da er so vielseitig ist und ich gerne im Team arbeite. Mal bin ich Maschinist, dann Schiffsführer oder werde in der Werkstatt eingesetzt. Lust an technischen Herausforderungen und der Spaß an der Schifffahrt und Kundenumgang – auf der Fähre geht alles.“

(Erstellt am 14. April 2020 15:44 Uhr / geändert am 14. April 2020 15:48 Uhr)